Wien hat es wieder geschafft. Das britische Wirtschaftsmagazin “Economist” hat unserer Bundeshauptstadt mal wieder als lebenswerteste Stadt der Welt ausgezeichnet. Wie letztes Jahr liegen “wir” damit vor Melbourne. Bewertet wurden 140 Metropolen. Unter anderem waren es die Sicherheit, Infrastruktur, die Kulturangebote, Gesundheitsversorgung und die Umwelt, die Einfluss auf das Ergebnis hatten. Nun ist das durchaus ein Grund zur Freude. Stolz? Not so much. Meiner bescheidenen Meinung nach kann man nicht stolz auf etwas sein, zu dem man nichts beigetragen hat. Ehrlicherweise finde ich, die adäquateste Reaktion von Menschen, die hier leben dürfen, sollte Dankbarkeit sein. Dankbarkeit und gleichzeitig Motivation, die Stadt weiterhin so lebenswert zu halten.
Dazu gehört, Grünflächen zu respektieren und nicht nach noch mehr Parkplätzen schreien. Dazu gehört es, sich in der Gemeinschaft einzubringen, einen positiven Beitrag zu leisten. Seinen Müll zu trennen, in den Steinhofgründen keine Wohnprojekte errichten zu wollen, das kulturelle Angebot wahrzunehmen… solche Dinge eben. Glücklicherweise gibt es all diese Menschen, sogar einen großen Teil. Es gibt aber eben auch jene, denen zu einer frohen Botschaft wie “Wien ist geil!” als erste Reaktion 100 Punkte einfallen, warum das nicht so ist. Diese Menschen sind dann auch immer ganz schnell dabei, auf offizielen Wien-Seiten ihren Unmut abzuladen. “Früher war alles leichter…” (haha, ja, ich zum Beispiel!”), “früher war alles besser…”, “…Kriminialität”, “Mietpreise…” Ihr habt das Bild. 2019 ist ein durchaus denkwürdiges Jahr, geschichtstechnisch.
Jenen, die sich nach der “guten, alten Zeit” sehnen, rate ich dringendst dazu, sich ein bisschen mit 1918 (und den Folgejahren) zu beschäftigen. Und mit Fakten. Unter anderem haben wir seit 19 Jahren nämlich die niedrigste Kriminalitätsrate. Auch wenn die Herren am Stammtisch neben mir gerade so tun, als würden wir am Hauptplatz von Aleppo sitzen und nicht beim Nobelheurigen in Grinzing.
Auf eine schöne neue Woche,
die Frau Hilmbauer