Es klingt absurd, aber tatsächlich gibt es eine offizielle TreeHugging Association. Und die veranstaltet jedes Jahr im finnischen Halipuu Wald die World Tree Hugging Championships. In diesem Jahr fand sie bereits zum fünften Mal statt. In drei verschiedenen Bewerben treten Baumumarmende gegeneinander an, auch ein online Bewerb fand statt. So witzig es klingt, steckt hinter der Aktion tatsächlich ein nobler Beweggrund.
Was ist der Halipuu Forest?
Veranstaltungsort ist, wie erwähnt, der finnische Halipuu Forest. Der liegt in Kittilä und gehört der Familie von Riitta Raekallio-Wunderink. Ihre Großeltern kauften den Wald nach dem Zweiten Weltkrieg und bauten ein Sägewerk auf. Riittas Vater begann bereits mit 12 Jahren, ebenfalls in diesem Wald zu arbeiten. Er wuchs mit dem Wald auf und hat eine besondere Verbindung zu ihm. Nun liegt es in der Natur der Sache, dass Bäume gefällt werden, wenn sie zwischen 40 und 150 Jahre alt sind. Normalerweise ist das auch kein Problem. Schließlich wachsen unter mitteleuropäischen Klimabedingungen und bei umsichtiger Bearbeitung mehr Bäume nach, als gefällt werden.
Nicht so in diesem Teil der Welt. Denn die Zeit, in der Bäume hier tatsächlich wachsen können, beträgt pro Jahr nur rund acht Wochen. Da sind nämlich einerseits die langen und dunklen Winter. Und die Sonne, die sechs Wochen lang gar nicht aufgeht. Aber auch die Rentiere, die an den zarten Bäumchen knabbern. Vor einigen Jahren kam der Halipuu Wald daher ans Ende seines natürlichen Lebenszyklus. Riittas Vater stand vor der Entscheidung, den Wald komplett abzuholzen und nochmals Profit daraus zu schlagen. Doch das brachte er nicht übers Herz. Ein anderer Weg, mit ihm Geld verdienen zu können, musste her.
Wie Tree Hugging einen Wald rettete
Eine der ersten Ideen war es, Übernachtungen in einer Hängematte im arktischen Lappland anzubieten. Tatsächlich kann man hier in einer Hängematte zwischen den Bäumen baumelnd eine Nacht unter den Sternen verbringen. Für nicht gerade wohlfeile € 450,−. Aber immerhin sind ein geführter Waldspaziergang und “die sauberste Luft der Welt” ebenso Bestandteil des Erlebnisses wie am Feuer gegrillte “Lappdogs” – Würstchen aus Rentierfleisch in hausgemachtem Brot. Außerdem gibt’s warmen Johannisbeersaft und Marshmallows. Am nächsten Morgen genießt man vom Campfire Barista zubereiteten forestry chai latte.
Der nächste Schritt waren schließlich die World Tree Hugging Championships. Kurz nach der Pandemie war das Bedürfnis der Menschen, sich wieder mit der Natur zu verbinden, besonders groß. Also lud man zur ersten Tree Hugging Weltmeisterschaft. Das Event wurde ein so großer Erfolg, dass auch andere Länder ihre eigenen Meisterschaften ausriefen und die Regeln aus dem Halipuu Forest übernahmen. Die Sieger der Landesbewerbe dürfen schließlich hier, am Entstehungsort des Regelwerks, gegeneinander antreten.
Wie funktioniert Tree Hugging
Wer Tree Hugging in seiner Freizeit betreiben möchte, geht einfach hinaus und umarmt einen Baum. Wer die Sache aber ernst nimmt und am Wettbewerb teilnimmt, hat drei Disziplinen zu absolvieren: Speedhugging, Dedication und Freestyle. Bei ersterem geht es darum, auf Zeit so viele Exemplare wie möglich in die Arme zu schließen. Bei zweiterem ist Leidenschaft gefragt, denn benotet wird die Hingabe an einen einzelnen Baum. Und beim Freestyle geht es schließlich um die kreative Ader in den Armen, die die Bäume umschließen.
Zahlreiche Teilnehmende aus Ländern wie Deutschland, der Schweiz, Finnland und sogar Australien waren angereist. Den Live-Wettbewerb der Tree Hugging Weltmeisterschaft 2024 konnte jedoch Phat aus Vietnam für sich entscheiden. Er überzeugte die Jury mit Kreativität und Hingabe. Während er für “seinen” Baum sang, dachte eran die verschmutzten Strände in seiner Heimat, wie Phat nach dem Sieg erklärte. Das Gezeigte reichte insgesamt von humorvoll bis berührend. Siegerin den Online-Wettbewerbs wurde Nuria aus Spanien mit ihrem Bild von der Umarmung eines verkohlten Baumes nach einem Waldbrand.
Das spaßige Awareness-Event mit dem ernsten Hintergrund wird im nächsten Jahr bereits in seine sechste Auflage gehen. Am 23. August 2025 findet in Levi das Finale statt. Wer dabei sein möchte, muss sich – wie erwähnt – über Landesbewerbe qualifizieren. Schließlich möchte man vermeiden, dass der Wald von Menschen geflutet wird. Alles zu den Teilnahmebedingungen und Terminen gibt’s auf der offiziellen Tree Hugging
Beitragsbild: © Visit Finland/Harri Tarvainen