Die südlich von Wien in Maria Enzersdorf gelegene Burg Liechtenstein nicht zu kennen, ist keine Schande. Aber doch ein Umstand, den Frau, Mann und alle anderen nach Möglichkeit rasch ändern sollten. Und das aus gleich mehreren Gründen. Da wäre zum einen die Burg selbst. Das um 1130 errichtete Bauwerk ist nämlich Stammsitz des Hauses Liechtenstein und als solcher ein ziemliches Prachtstück. Zum anderen aber verfügt das Areal mit der habs*gut Café & Tagesbar seit gut 8 Monaten über eine fantastische gastronomische Institution.
Wie alles begann
Doch der Reihe nach. Das Ehepaar Martin und Carina Rohrbach, sie Wissens- und Innovationsarchitektin, er Entwickler zahlreicher Hospitality-Marken, war im Oktober 2023 auf der Suche nach Weihnachtsmärkten mit einem weniger kommerziellen Konzept, als es die überwiegende Mehrheit der Veranstaltenden hierzulande bietet. Als Eltern zweier noch nicht schulpflichtiger Kinder, wussten sie um die Schwierigkeit dieses Unterfangens. So kam den beiden innovativen und tatkräftigen Unternehmenden die Idee, doch einfach einen eigenen Adventmarkt aufzuziehen.
Der am Fuße der Burg Liechtenstein veranstaltete Markt darf getrost als Erfolg bezeichnet werden. Auf Anhieb reihte er unter den Top 5 des Landes. Das Lokal, in dem die Becher und Gläser gewaschen wurden, sollte jedoch mit Ende 2023 seine Pforten schließen. Die Rohrbachs hatten zu diesem Zeitpunkt in dem Standort bereits ihren persönlichen Kraftplatz gefunden und waren nicht bereit, diesen so schnell aufzugeben. Und so kam es, wie es rückblickend wohl kommen musste: Die beiden übernahmen das Lokal und eröffneten nach arbeitsreichen Wochen im Februar 2024 das habs*gut.
Was ist das Besondere am habs*gut?
Ähnlich ungewöhnlich, wie die Entstehungsgeschichte des Lokals ist auch seine Philosophie. “Im habs*gut ist Verwirrung schonmal Konzept“, verrät Martin Rohrbach. Und der Küchenblock mit Geschichte nicht hinter Wänden versteckt, sondern integrativer Teil des Gastraums. Die Mitarbeitenden sind nicht bloße Angestellte, sondern Mitunternehmende, die ab einer gewissen Zugehörigkeitsdauer direkt am Gewinn beteiligt werden. In diesem Sinne verstehen sich die Rohrbachs auch nicht als klassische Gastronomen. Vielmehr sehen sie ihren Betrieb als Living Lab, das durchaus eine Pionierrolle in der Gastronomie einzunehmen gedenkt. Der wertschöpfende Umgang mit Ressourcen und Kollegen geht auf, sogar Bewerbungen aus Tirol trudeln ein.
Burg Liechtenstein oder: die Symbiose mit der Seniorenresidenz
Der Standort am Fuße der Burg bringt sowohl viel Natur als auch eine Seniorenresidenz mit sich. Und die sorgt für zunächst ungewohnte Synergieeffekte, wie wir selbst bezeugen dürfen. Uns fällt nämlich so schnell kein anderer Wirt ein, der des Abends von einem Stammgast im Bademantel gebeten wird, den Receiver neu zu konfigurieren. Unnötig zu erwähnen, dass auch dieser ungewöhnlichen Bitte entsprochen werden konnte. Das familiäre Umfeld des habs*gut macht die Lokalität im wahrsten Wortsinne für viele zum verlängerten Wohnzimmer. Hier treffen einander Enkelkinder und Großeltern ebenso wie Teilnehmenden an Seminaren (für die ein Extra-Raum zur Verfügung steht) oder Freunde für Feiern aller Art. Die Gästeschaft bezeichnet das gastegebende Paar durchwegs als angenehm und wissbegierig: “Das Angebot zieht Leute an, die gerne etwas ausprobieren und Abwechslung mögen.”
Was gibt es im habs*gut zu essen?
Zum Gutgehen, und um nicht weniger geht es – nomen est omen – schließlich im habs*gut, bedarf es klarerweise auch lukullischer Genüsse. Und die finden sich unweit der Burg Liechtenstein zum Glück zuhauf. Ob kräftige Suppen, die cremige Burrata mit Feigen auf lauwarmen Kürbis oder Zander mit Haselnussrisotto – alles empfehlenswert. Highlight und Star der Speisekarte ist aber aus unserer Sicht das geschmorte Rindsragout mit Butternockerl. Dieses ist so zart und weich, dass sich mancher hineinzulegen wünschte. Die Herbstkarte kuratierte mit Roman Wurzer übrigens ein ehemaliger Junger Wilder, der den Gastgebenden mittlerweile auch freundschaftlich verbunden ist.
Doch auch der Brunch weiß zu gefallen. So stehen unter anderem frisches Gebäck und verschiedene Eigerichte zur Wahl. Zum selber Nehmen vom Küchenblock, der multifunktional in das Restaurant-Geschehen eingebunden ist. Die Produkte kommen fast ausschließlich von lokalen Produzierenden und sind mit das Beste, was für Geld zu bekommen ist. So kommen die Croissants und Baguettes sowie verschiedene Brotsorten von Noppe, Joseph und Szihn. Die Marmelade von Obstkreis, der Honig von Mein Honig. Rohkost, Käse, Speck und eine Auswahl an Antipasti runden das Angebot ab.
Ein Ausblick
Das habs*gut ist mehr als bloß eine Tagesbar oder ein Restaurant. Als ob das nicht bereits Aufgabe genug wäre! Es ist ein Ort der Begegnung und im Sinne der Erfindenden ein Ort der Reduktion auf das Wesentliche. Viele der regionalen Produkte können zum Mitnehmen erworben werden, es gibt ausgewählte Bücher zu kaufen und Teile des Interieurs der kreativen Köpfen vom Wohndesign Maierhofer können hier probegesessen und bestellt werden.
Den Beginn der Geschichte des Lokals markierte wie eingangs erwähnt der Weihnachtsmarkt 2023. Danach folgten Restauranteröffnung, Jazzabende und das erfolgreiche Herbstevent “Sturm auf die Burg“. Weitere Veranstaltungen harren ihrer Umsetzung. So wie wir die Rohrbachs kennenlernen durften, wird auch 2025 ein ereignisreiches Jahr am Fuße der Burg Liechtenstein. Die Adventhochburg Burg Liechtenstein wird es übrigens auch 2024 wieder geben. Und zwar jeweils Freitag bis Sonntag ab dem 15. November – ein Pflichtbesuch.
habs*gut
Am Hausberg 2, 2344 Maria Enzersdorf
Öffnungszeiten im Herbst: Do-So 09.30 bis 16.00