Ich liebe neue Hotels. Da bin ich mit meiner Meinung im Kollegenkreis oft allein auf weiter Flur. Denn klar, wenn ein Haus neu ist, dann kann man noch nicht beurteilen, wie die Anlage aussehen wird, wenn rundherum viel blüht und ein üppiger Garten für eye candy sorgt. Und ja, in neuen Hotels gibt es sehr oft Startschwierigkeiten. Das Team ist auch noch nicht eingespielt. Und trotzdem, oder gerade deswegen, finde ich es gut, wenn man in den ersten Tagen eines Hotels dabei ist.
Denn wenn im Badezimmer noch die Haken fehlen, wenn im Fitnessraum das Laufband noch nicht angeschlossen ist, der Pool noch eher Sahara als Atlantik ist, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Schwierigkeiten haben, die Kaffeemaschine anzuwerfen – dann zeigt sich der wahre Charakter des Hauses. In solchen Situationen kann ein Hotel punkten, und mit ihm das Management. Bleiben die Chefs ruhig und ihren Angestellten gegenüber trotzdem höflich, sind die Angestellten zwar verzweifelt, aber herzlich dabei, wird Otto v. Steins Sprichwort wahr: In großen Situationen entscheidet Charakter mehr als Geist und Wissen. Und der Charakter eines Hotels bildet sich in einer Krise gleich einmal. Bleibt für den Gast nur zu hoffen, dass es ein guter ist.
Ich hatte beispielsweise das Glück, einer der ersten Gäste im Chaletdorf Prechtlgut in Wagrain zu sein. Als wir Pressemeute eincheckten, verließen die Handwerker gerade mal die Baustelle. Die Chefin persönlich hat uns unseren Mistkübel ins Chalet gebracht. Aber: Beide waren überaus professionell und vor allem aufrichtig. Sie entschuldigten sich für Unannehmlichkeiten (die es eigentlich eh nicht gab), versuchten nichts zu verschleiern, zu beschönigen oder zu verheimlichen und wir mochten das. Das war echt, das war sympathisch, so sollen Gastgeber sein.
Mein aktuelles Fundstück: das PURE Resort in Warth. Hier sitze ich gerade an diesen Zeilen. Jedes Mal, wenn ich an einer Ecke vorbei komme, überrascht mich ein neues Deko-Element, Schild, das vor dem Frühstück noch nicht da war oder ein Möbelstück. Die MitarbeiterInnen sind aufmerksam und freuen sich offensichtlich, dass es jetzt bald los geht. Ich wünsche dem Team jedenfalls Glück. Das Potential ist da.
Liebe Grüße aus Warth am Arlberg,
die Frau Hilmbauer