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Hermès hat ein Problem – und J.LO ist (Mit)Schuld

Warum der Hermès Skandal uns alle irgendwie angeht – und wie es überhaupt kam, dass die Luxusmarke ein Problem hat.
Hermès Skandal Hermès Skandal
© Zoshua Colah, Unsplash

Lange Zeit war Jennifer Lopez großer Fan der französischen Luxusmarke Hermès. Erst im Dezember des Vorjahres sichtete man sie mit einer sehr seltenen Kelly Bag des Labels. Geschätzter Verkaufspreis: um die $ 82.000,−. Doch jetzt scheint es Ärger im Paradies zu geben. Immer mehr Menschen stellen nicht nur Hermès, sondern auch andere Luxuslabels in Frage.

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Die Kritik ist heftig und dennoch simpel. Losgetreten hat den Hermès Skandal ein einfaches, kurzes Video auf Social Media und eine noch einfachere Frage der Popkultur-Ikone Jennifer Lopez: Why hide? Doch von Anfang an.

Warum hat Hermès Probleme?

Es sind nur ein paar TikTok-Sekunden, die die über Jahrzehnte aufgebaute Hybris von Hermès zum Bröckeln bringen: Darin zeigt ein chinesischer Fabrikarbeiter, wie die Handtaschen der Marke vermeintlich wirklich gefertigt werden. Und wo. Nämlich weit weg von romantisierten Werkstätten in Frankreich: In China. Der Mann hinter der Kamera des Videos behauptet, dass hier die meisten Produkte von Hermès, Gucci und Prada (unter anderem) entstehen, und zwar nicht billige Nachbauten, sondern exakt jene Taschen, die schließlich für € 35.000,− und mehr hinter den Schaufenstern der Luxusmarken zu finden sind.

Gucci Kohlmarkt Wien
© Arno Senoner
Gucci Kohlmarkt Wien
© Arno Senoner

Wie das aktuell oft so ist, brauchte es nur dieses eine Video, das andere dazu animierte, den Samtvorhang ebenfalls zurückzuziehen und uns einen Blick auf die unschöne Wahrheit zu gewähren: Was viele schon vermutet hatten, scheint bewiesen: Luxusmarken sind Marketing und haben schon lange nichts mehr mit hoher Qualität zu tun. Der Aufschrei war ein großer, schnell füllten sich die Kommentarboxen unter den Videos. Eigentlich ist das ja schon eine Katastrophe für eine Marke. Wenn dann aber noch jene Frau eine einfache, aber vernichtende Frage stellt, die einst zur Popularität der Marke beitrug, ist der Hermès Skandal fertig.

Jennifer Lopez hat eine Frage an Hermès

“They should show us the real workshops. If they’re proud, why hide it?” schrieb sie unter ein virales Video. Wieder einmal beweist J.LO damit Stil. Denn statt einer flammenden Rede, einer Kampagne oder eines Boykottaufrufs postete sie eine simple Frage. Und die Antwort darauf? Die lässt bis heute auf sich warten. Was zunächst ein kleiner Sturm im Wasserglas war, ist ein Hurricane geworden, aus dem man viele Erkenntnisse ziehen kann.

Handtasche
© The Chill Report
Hermes Skandal
© The Chill Report

Erkenntnis 1: Schon letztes Jahr sanken die Umsätze von Hermès um 2 Prozent. Jüngere Generationen, etwa der jüngere Anteil der Millennials und die Gen-Z, wollen Authentizität statt Aura. Das beweist auch die zunehmende Popularität von Menschen wie Tanner Leatherstein. Der Lederexperte beschäftigt sich eingehend mit Leder und dessen Verarbeitung. Er investierte über $100.000,− in Luxushandtaschen, nur um diese dann unter dem Mikroskop auseinander zu nehmen. Sein Urteil: Vernichtend. Er bewies, dass Chanel statt echtem Gold nur vergoldetes Metall einsetzt, Louis Vuittons Verarbeitung so schlecht ist, dass die teuren Taschen kein Jahr durchhalten und die Herstellung der legendären Birkin Bag von Hermès gerade einmal $600,− kostet.

Was Hermès zu den Anschuldigungen sagt

Erkenntnis 2: Schweigen ist keine gute Business-Strategie. Denn zum Hermès Skandal sagt die Marke: nichts. Nicht nur die Fragen hunderttausender Konsumenten und Konsumentinnen blieben unbeantwortet. Auch J.LOs “Why hide?” erhielt keine Stellungnahme. Dabei verliert das Unternehmen – und nicht nur das, sondern die gesamte Luxusfashion-Industrie – mit jedem Tag, der vergeht, an Glaubwürdigkeit. Influencer, normalerweise für alles zu haben, was bezahlt ist, nehmen Abstand. Angeblich ist es aktuell sogar Fashion-Magazinen zu heikel, die “H-Marke” zu erwähnen. Der Hermès Skandal zieht also Kreise.

Shopping Queen
© Freestocks
Shopping Bags
© Freestocks

Erkenntnis 3: Will man heute Produkte verkaufen, steht Authentizität über allem. Gleich dahinter in der Maslow’schen Bedürfnispyramide steht das Storytelling. Wir wollen wissen, wer unsere Taschen macht. Wo das Material herkommt. Wofür wir unser Geld ausgeben. Und das ist eine gute Entwicklung. Luxusmarken müssen endlich aufhören, ihre Käufer und Käuferinnen zu verarschen. Wer viel Geld hinlegt, möchte exklusive Materialien, Langlebigkeit, Umweltverträglichkeit, nachverfolgbare Lieferketten, gute Arbeitsbedingungen für die Menschen, die die Produkte tatsächlich anfertigen – und nicht 900 Prozent Profit für ein gesichtsloses Luxuslabel, das außer Gewinnmaximierung nicht viel mehr im Sinn hat.

Ende der Geheimniskrämerei

Genau das, was einst für die Hybris von Hyperluxusmarken sorgte, ist jetzt ihr Downfall: Geheimniskrämerei. Man verkaufte uns jahrelang Legenden. Von langen Wartelisten bis zu speziell ausgebildeten französischen/italienischen Arbeitskräften, über Generationen hinweig vererbtes Wissen rankten sich die Geschichten. Sie waren eine leere Leinwand, auf die sich eigene Vorstellungen projizieren ließen. Luxusgüter kauften uns Selbstbewusstsein, französisches Flair, italienisches Dolce Vita.

Model Louis Vuitton Bag, Hermes Skandal
Das Ende von Luis Vuitton und Co.? © Brian Lawson
Model Louis Vuitton Bag, Hermès Skandal
Das Ende von Luis Vuitton und Co.? © Brian Lawson

In einer hyperinformierten Gesellschaft wie unserer funktioniert das aber nicht mehr. Geheimniskrämerei ist verdächtig geworden. Gleichzeitig gibt’s mit Temu und anderen Abscheulichkeiten des Consumerism (AliExpress, Amazon und Konsorten) immer auch die günstige Alternative. Dann haben wir ein Produkt, von dem wir zumindest wissen, dass es unter fragwürdigen Bedingungen entstand. Dass es wohl nur diesen einen Fast-Fashion-Moment überstehen wird. Und dass es wohl ein Fake ist. Aber dafür zahlen wir dann wenigstens nicht Unsummen unseres hart verdienten Geldes.



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