Was in Golling an der Salzach (Salzburg) aus der Küche von Andreas Döllerer kommt, trägt ausnahmsweise nicht die Handschrift des Fünf-Hauben-Kochs. Seine Küche hat ein anderer für einen Abend übernommen. Mehr als 35 der besten Jeunes Restaurateurs (JRE) des Landes haben für das Chef’s Roulette ihre Lokale verlassen und “fremde” Herde gekapert. Gäste, die einen Tisch reserviert haben, haben sich auf ein Abenteuer eingelassen. Bis nach der Vorspeise war nicht klar, wer das Szepter in der jeweiligen Küche schwingt. Der Chill Report hat sich das Event nicht entgehen lassen.
Bewusstsein für Regionalität auf höchstem Niveau
Begonnen hat alles mit einem Glas voll sprudelndem Willkommen. Hausherrin Christl Döllerer sortiert und organisiert die neu Ankommenden, die zu zweit oder in kleinen Gruppen in ihr Lokal gekommen sind. Während ein kulinarisch spannender Abend wartet, ist Andreas Döllerer ebenfalls in der Küche. Nur nicht in seiner.
Nach dem Aperitif nehmen wir an einem runden Tisch Platz. Gedeckt ist für sechs Personen; die anderen vier kennen wir nicht, doch es entstehen sofort herzliche Gespräche über (wie könnte es anders sein) gutes Essen. Selbst gebackenes Bauern- und Walnussbrot stehen bereits griffbereit, Nussbutter und Schafkäse-Aufstrich ebenso. Als erstes gibt der Gastkoch mit seinem Gruß aus der Küche ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Zander aus Wildfang, Gurke, Paradeiser. Stirnrunzeln bei den Gästen. “Wer kocht da? Wessen Stilistik ist das?” Viele Namen fallen.
Edle Tropfen beim Chef’s Roulette
Indes schenkt Florian Alphart autochthone Sorten aus der niederösterreichischen Thermenregion in die Gläser. Seinen Fokus zum Menü hat er auf Zierfandler und Rotgipfler gelegt. Sie unterstreichen harmonisch, was auf den Tellern aus der Küche kommt.
Weiter geht es mit Waller, Kohlrabi, Radieschen und Kapuzinerkresse. Das Rätselraten bei den Gästen reißt nicht ab, Christl Döllerer erlöst das Publikum aber noch nicht. Es muss bis zum Hauptgang warten, den der Küchenchef des Abends beim Chef’s Roulette dann doch endlich höchstpersönlich vorstellt. Es ist Thomas Hofer vom Bergergut in Afiesl, das im nördlichen Zipfel Oberösterreichs liegt. Der Chill Report war dort auch schon zu Gast.
Vom Mühlviertel nach Salzburg und in die Welt
Hofer stellt sich und sein Konzept vor, lädt ins Bergergut ein und geht wieder in die Küche der Döllereres, um den nächsten Gang fertig zu machen und zu schicken: Wildfang-Hecht, Limette und Schnittlauch. Die Beurre Blanc ist seidig und aromatisch, Kräuterduft durchzieht den Raum. Es folgt ein weiteres Highlight, zweierlei vom Reh (gebraten und geschmort), Zuckermais und Butternusskürbis. Heimische Zutaten schön kombiniert. Alphart schenkt nach – zum Wild gibt’s seinen Pinot Noir Reserve 2019. Den Abschluss bildet das Dessert aus Kaffee, Zitrone und Andenbeere, begleitet von einer Rotgipfler Zierfandler Beerenauslese. Top!
Wie funktioniert das Chef’s Roulette?
Gäste kaufen für diesen Abend in einem der teilnehmenden JRE-Restaurants Tickets, wissen aber nicht, wer dort kocht. Der Ticketpreis von 165 Euro pro Person beinhaltet Aperitif, 5-Gang-Gourmetmenü, Weinbegleitung, Mineralwasser und Kaffee. „Never ending passion“ ist der Leitspruch dieser 1974 gegründeten Vereinigung für die Jeunes Restaurateurs, die besten jungen Spitzenköche und Restaurantbesitzer Europas. Der Vereinigung gehören rund 350 der kreativsten Gastronomen aus 15 Ländern an. In Österreich gibt es derzeit 37 Mitglieder, durchwegs kulinarische Leitbetriebe ihrer Region.