Diese Frau brennt für ihre Message – und schöne Mode, die wir ohne schlechtes Gewissen tragen: Mirjam Smend ist Modejournalistin, Mutter, Bloggerin – und Gründerin der Kommunikationsplattform Greenstyle. Sie organisiert Messen (in Salzburg aktuell von 24. bis 26. März) und Konferenzen, informiert und vernetzt Menschen. Und sie will Begeisterung wecken. Für nachhaltigen Konsum und Marken, die ebenso fair wie cool sind. Wir haben die Münchnerin mit fünf Mythen konfrontiert:
1. Nachhaltige Mode sieht wahnsinnig öko aus
Mirjam Smend lacht und nickt. “In der Tat war das so – früher”, sagt sie. Auch Schlichtes sei okay, damals wie heute, denn alles habe seine Zielgruppe. Doch dass nachhaltige Mode heutzutage ausschließlich grau, naturweiß oder beige sei, verneint sie vehement. Sie kennt genug grandiose Gegenbeispiele. “Slow Fashion und Fair Fashion arbeiten mit modernen, spannenden Schnitten und knalligen Farben.” Weiters gibt sie zu Bedenken: “Wie öko kann etwas aussehen, das längst prominent in Vogue und Elle vertreten ist…?”
Punkt für sie.
In den vergangenen fünf Jahren habe es einen enormen Wandel hin zu „ich kann nachhaltige Mode optisch nicht von konventioneller unterscheiden“ gegeben. Selbstverständlich gibt es genug umweltfreundliche, schlaue Trend-Teile, die richtig cool und hip gestaltet sind.
2. Fair Fashion ist teuer
“Klar ist sie teurer als Fast Fashion”, sagt Mirjam Smend. Das liege daran, dass jede und jeder im Herstellungsprozess fair bezahlt wird und ökologische Konzepte mitgedacht werden. Wasser (oft ein rares Gut in den Produktionsländern), das vom Färben verschmutzt wird, wird wieder aufbereitet und im Kreislauf behalten. “Wenn man das tut, kostet es eben.”
“Faire Mode ist nicht zu teuer – konventionelle Kleidungsstücke sind einfach zu billig.”
Mirjam Smend, Greenstyle-Gründerin und Modejournalistin
Wer vorhat, in Zukunft mit einem gezielten Blick auf gute Arbeitsbedingungen für Näherinnen und Co. shoppen zu gehen, sollte den eigenen Kleiderschrank jedenfalls nicht vorab entleeren. Smend: “Das nachhaltigste Stück ist das, was man schon hat.” Am zweit-idealsten sind Second-Hand-Teile, denn die sind ja auch bereits produziert. Sie fallen auch preislich wesentlich günstiger aus.
Außerdem empfiehlt die Modejournalistin, Stücke zu tauschen – entweder auf Plattformen oder bei lokalen Kleidertausch-Parties. “Werft bloß nicht weg, was ihr schon daheim habt!”, sagt sie.
Weil viele auch nicht genau wissen, was sich in ihren Kleiderschränken verbirgt, lautet ein weiterer Tipp “Shop your own closet”. Will heißen: “Nehmt euch Zeit, sichtet eure Schrankleichen. Schaut genau hin, nehmt jedes Teil in die Hand und überlegt, wie ihr es neu kombinieren könnt. Keine Idee? Ladet eure Freundinnen und Freude ein und kreiert gemeinsam neue Styles!” Smend empfiehlt, ein eigenes Look-Book zu erstellen, um den Überblick über alle Möglichkeiten zu behalten.
3. Nachhaltige Mode juckt und ist nicht schön zu tragen
Denken wir bei diesem Vorurteil an die selbstgestrickten Dinger von Oma? Ertappt.
Materialien, die super-nachhaltig sind und wenig kratzen sind Lama- und Alpaka-Wolle. Wem Wolle nicht gefällt, darf sich freuen: “Jede Form von Material gibt es auch in nachhaltig. Wolle wurde nicht für den Trend der nachhaltigen Mode neu erfunden. Doch es ist genial, wenn sie nicht aus Massentierhaltung stammt. Es gibt tolle, ungefärbte Wolle – oder hinreißende Farben.”
Stoffe wie Viskose oder Tencel und andere fühlen sich nicht nur angenehm auf der Haut an – sie werden teils in Österreich hergestellt und haben keine langen Transportwege hinter sich.
Punkt für die CO2-Bilanz.
4. Slow und Fair Fashion gibt es nicht in vielen Größen
Mirjam Smend nickt – sie kennt das Problem. “Hier ist die Größentabelle leider noch nicht so groß, wie sie sein sollte, in alle Richtungen.” Als Vorreiterin nennt sie Chlench aus Stuttgart („Von Plus-Size-Frau zu Plus-Size-Frau) und Valle o Valle aus Wien. “Nachhaltigkeit muss alle Zielgruppen mitdenken. Diversity ist auch hier ein Thema.”
Allerdings seien Größen außerhalb jener zwischen 34 und 42 auch schwieriger herzustellen, sagt die Münchnerin. “Man kann das nicht einfach hochskalieren und eben etwas mehr Stoff nehmen. In Design und Schnittführung sind ganz andere Techniken notwendig. Jedenfalls muss sich da schnell etwas ändern.”
5. In meinem Heimatort gibt’s keine nachhaltigen Modeläden
Während eine gute Auswahl in den Großstädten überhaupt kein Problem mehr ist, gestaltet sich ein nachhaltiger Einkauf in kleineren Städten schwieriger. Dafür gibt es sehr tolle Online-Shops – auch wenn es freilich nachhaltiger ist, in einen echten Store zu spazieren und da live zu kaufen. Doch Mirjam Smend plädiert auch hier für Lässigkeit: “70 Prozent ist das neue perfekt”, sagt sie und lacht.
Fotos: © Greenstyle
Von Salzburgs „nachhaltigem Nachwuchs“
sind u.a. Patricia Fichter (Soul Fashion) und Paul Burkl (Urside Clothing) bei der Greenstyle @ E-xpo 5020 von 24.3. bis 26.3. dabei.
Wo? Salzburg, Messegelände.
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