Als mein Wecker am Freitag um 4:15 klingelte, hasste ich die Welt für einen Moment sehr. Aber als ich mich dann aus dem kuscheligen Bett gequält hatte und mich an der Kaffeemaschine festhielt, wusste ich, dass ich das Schlimmste schon überstanden hatte. Also hab’ ich mich gewaschen, angezogen und bin um 5:30 auf dem Weg ins Burgenland gewesen. Dort fand ich mich in einem Ort mit dem klangvollen Namen Apetlon ein. Ich holte mir mein Starterpaket, wartete auf meine Eltern, die zur moralischen Unterstützung aus Amstetten angereist waren und marschierte um 8 Uhr los. Gemeinsam mit rund 7.000 anderen Wahnsinnigen war ich auf einem Rundweg rund um den Neusiedlersee unterwegs.
Ich hatte mich für den “Final Trail”, also die letzten 60 Kilometer der ganzen Runde – immerhin 120 Kilometer lang – angemeldet. Das Wetter war für so eine Unternehmung spitze: es war kühl, aber nicht kalt. Es war niederschlagslos. Es war fast windstill. Aber halt grau. Doch die Stimmung war gut und die Organisation perfekt. Kein Wunder, schließlich gibt’s den Burgenland Extrem ja auch schon 25 Jahre. Unterwegs waren immer wieder Begleitfahrzeuge am Weg, die Kekse und Tee mithatten. Es gab Versorgungsstationen, die mit hervorragender Verpflegung aufwarteten. Es gab genug Wegbeschilderung. Die Startzeiten waren durchdacht. Immer wieder waren am Straßenrand Menschen, die klatschten. Es gab Fotografen. Die Strecke war einfach und schön, es gab alle 15 Kilometer eine Labstelle. Die äußerlichen Rahmenbedingungen waren also perfekt.
Das Equipment auch. An dieser Stelle ein riesen Shoutout an den jungen Mann vom Decathlon in Vösendorf, der mich so hervorragend beraten hat. Er war selbst letztes Jahr auch dabei und wusste daher nicht nur, was ich ausrüstungstechnisch brauchen würde, sondern hatte auch viele wichtige Tipps. Stichwort Vaseline. Durch den Tag begleiteten mich die Stimmen von Karen Kilgariff und Georgia Hardstark von meinem Lieblingspodcast My Favorite Murder und dann auch meine Laufplaylist. Der moralische Einbruch kam bei der letzten Labstelle in Purbach. Denn da wusste ich, ich hatte noch 15 Kilometer, also drei Stunden vor mir. In Dunkelheit. Da hatte ich einfach keine Lust drauf. Also habe ich meinen Eltern, die an jeder Labstelle auf mich warteten, meinen Rucksack gegeben. Und bin die letzten 15 Kilometer einfach gelaufen. Nach 1:22 war die Sache dann erledigt.
Insgesamt kam ich nach 8:39:15 ins Ziel. Erschöpft, ohne Blasen, dafür durchgeschwitzt und euphorisch. Gelernt hab’ ich natürlich unterwegs viel. Nicht nur von Karen und Georgia, sondern auch von mir und über mich. Zum Beispiel, dass Clever Cabanossi kein guter Wandersnack ist und nach 50 Kilometern droht, sich rückwärts zu essen. Oder dass sich nach 45 Kilometern gehen eine kleine Joggingeinheit von 15 Kilometern wie eine Erleichterung anfühlt (ernsthaft!). Und dass man eigentlich keinen Rucksack braucht, wenn man clever angezogen ist. Und dass es gut ist, wenn man auf Ratschläge von Menschen hört, die ein bisschen mehr Erfahrung in Dingen haben. Auch, dass keine Socke so gut ist wie ganzfüßiger Tapeverband.
Ich bin auf jeden Fall nächstes Jahr wieder dabei. Welche Distanz, das weiß ich noch nicht. Fix ist aber, dass die Strecke von Purbach nach Oggau wieder gelaufen wird. Wegen der Moral warats.
Möge die Woche für euch im Sprinttempo vergehen
die Frau Hilmbauer