Michael Patrick Kelly –Musiker, Friedensaktivist & Mensch
Viele kennen den Musiker und Friedensaktivisten noch aus Zeiten der berühmten Kelly Family. Damals stand er als Paddy Kelly auf der Bühne. Aus dem drittjüngsten Mitglied der singenden Familie ist mittlerweile ein erwachsener Mann geworden. Der 41-jährige Künstler ist privat und beruflich den Kinderschuhen längst entwachsen. Michael Patrick Kelly, wie er mit vollem Namen heißt, ist zur Galanacht des Friedens nach Wien gekommen. Die Agentur für soziale Verantwortung und Plattform für gesellschaftliche Innovation, Social City Wien, hat ihn als Ehrengast eingeladen.
Hinter dem erfolgreichen Solo-Künstler liegen spannende Zeiten. Im September 2019 hat er nach zwei Jahren seine große „iD“-Tour mit fulminantem Finale am Münchner Königsplatz beendet. Nun widmet er sich wieder anderen Projekten. Wie dem von ihm ins Leben gerufenen „#PeaceBell“-Projekt. Die Friedensglocke, die auch schon bei seinen Konzerten die Schweige- bzw. Friedensminute einläutete, hat er nach Wien mitgebracht – dazu gleich mehr. Im Interview der Woche erzählt er Katharina Riedl entspannt von Destinationen, die er unbedingt noch besuchen will, vom Verhältnis zu seinen Fans und einer ganz intimen Wien-Connection.
Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit Social City gekommen?
Social City Wien hat mich so im Mai 2018, als ich für ein Konzert hier war, angesprochen. Ihnen ist bewusst geworden, dass ich mich auch als Friedensaktivist engagiere. Sie haben gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihnen zusammen etwas zu machen. Daraufhin habe ich von der PeaceBell Idee erzählt, an der ich dran war. Das fanden sie toll. Irgendwann meinten sie: „Du, wir wollen auch für Wien eine PeaceBell“ und das fand ich echt mega. Und jetzt bin ich hier, im Rathaus, in diesem Festsaal. Also ich war sehr oft in Wien, aber noch nie an diesem Ort und das ist… also ich auf dem Programm steht „Ehrengast“, aber ich bin der, der sich geehrt fühlt. Das ist echt toll [lacht]!
Was bedeutet es Ihnen, gerade hier das PeaceBell Projekt vorzustellen? Und was verbindet Sie mit der Stadt? Michael Patrick Kelly Interview 2019
Also es gibt zum einen viele Erinnerungen an Konzerte. Zum Beispiel ans Donauinselfest in den 90ern mit meinen Geschwistern – da waren 250.000 Menschen und wir mussten mit Polizei-Eskorte rausgeholt werden. Das ist ein unvergessliches Erlebnis, ich war 18 oder so, 17. Ich habe über die Jahre hier auch immer wieder Solo-Konzerte gegeben, sowie dieses Jahr im September. Da hatte ich auch meine PeaceBell dabei. Aber ich sag’ mal die lustigste Verbindung zu Wien ist… mein Vater hat mir irgendwann erzählt „Paddy, du bist in Wien entstanden“. Neun Monate später bin ich zwar in Dublin zur Welt gekommen, aber hier haben die sich geliebt [lacht].
Wien ist aber, um auf das Projekt zurück zu kommen, auch dafür bekannt, eine Friedensstadt zu sein. Eine sehr soziale Stadt, da finde ich natürlich diese Connection sehr wichtig. In Österreich gibt es ja auch politische Unruhen, auch in Deutschland und in ganz Europa ist viel am Passieren. Und es gibt Künstler, die sich politisch sehr klar für oder gegen etwas positionieren. Ich habe zwar eine persönliche Meinung zu vielen Themen, aber ich habe für mich beschlossen, zumindest in der jetzigen Zeit, eine verbindende Rolle versuchen zu spielen. Es gibt nämlich wenig Segmente in unserer Gesellschaft, wo die Leute sich nicht spalten.
Selbst im Sport ist das halbe Stadion irgendwie enttäuscht, wenn sein Team nicht gewinnt. In Politik, in Religion, in der Wirtschaft, da ist immer dieser Kampf. Aber in der Musik gibt es dieses verbindende Element. Menschen, keine Ahnung welche Partei die wählen, oder ob sie in die Kirche gehen oder in die Moschee, die sich zusammenfinden und dieses gemeinsame Menschsein feiern. Deswegen habe ich für mich beschlossen, in nächster Zeit erst mal, nicht zu sagen „Wählt die Sozialdemokraten oder wählt die keine Ahnung was“ sondern lass uns irgendwie cool bleiben, bevor die Welt in die Luft geht.
Wenn man so auf Ihr Leben, ihre Karriere zurückblickt, waren Sie immer sehr sozial engagiert. Ist das etwas, das auch so von Ihren Eltern und den älteren Geschwistern vorgelebt wurde?
Definitiv. Also meine Eltern waren wirklich Vorbilder was das betrifft. Mein Vater war ein sehr engagierter sozialer Mensch. Immer wenn Menschen in Not waren, hat er geholfen, hat ihnen Geld geliehen. Oder wir sind sogar auf die Straße gegangen, um Geld zu sammeln. Zum Beispiel hier in Wien, da gab es damals ein Winter-Quartier für den Zirkus „Roncalli“ – ich glaube Bernhard Paul ist sogar Österreicher – und ihm ging es relativ schlecht. Es war nicht genug Geld da, um die Tiger und so im Winter zu füttern. Und es gab keine Perspektive. Da hat mein Vater beschlossen, wir gehen hier auf die Kärntner Straße in die Fußgängerzone, spielen und sammeln Geld für Zirkus „Roncalli“ und das über längere Zeit. Er hat dann Bernhard Paul dieses Geld gebracht und einfach gesagt „for your dream“. So hat er diesen Winter überstanden mit seinem Team. Und im Frühjahr hatten sie ein Zirkusprogramm am Start. Wenn du so groß wirst, wenn du deinen Vater oder deine Mutter siehst, wie sie wirklich für andere da sind, die in Not sind, dann prägt dich das. Paddy Kelly Interview 2019
Sie sind ja sehr viel in der Welt rumgekommen, haben sehr viel gesehen. Macht Ihnen das Reisen noch Spaß?
Definitiv. Also wenn ich auf Tour bin, sehe ich nicht wirklich viel von den Städten, in denen ich bin. Auf der Fahrt vielleicht ein bisschen die Landschaft, oder wenn man fliegt und von oben nach unten schaut. Aber diese Konzerttage sind sehr durchgetaktet mit Soundcheck, mit Interviews und Meet&Greets, dann Konzert und dann Abreise. Manchmal gibt es so „Off-Days“, zwischen Konzerten, wo man dann an einem Ort zwei Tage bleibt. Das ist dann schön, dann kann man wirklich ein bisschen was erleben. Wenn ich privat Auszeiten habe oder Urlaub mache, dann reise ich der Regel an Orte, die mich interessieren.
Ich war jetzt vor kurzem in Spanien auf Urlaub. Da war ich in Sevilla. Ich wollte mir so eine urige Flamenco-Show anschauen, aber nicht eine touristische, sondern „the real deal“. Da durfte man nicht mit dem Handy filmen oder fotografieren, man musste wirklich brav bleiben. Und das war sensationell! Das war mit Gitarren, mit Gesang, mit Tanz, Klatschen und Steppen. Das war eine großartige Erfahrung der andalusischen Kultur. Und das inspiriert mich wiederum als Künstler. Also ich werde jetzt nicht zum Flamenco-Künstler werden, aber man denkt so „wow, was die da machen ist schon toll!“ Oder ich gehe sehr gern in die Berge, auch sehr oft in Österreich.
Ja? Gibt es ein Lieblingsbundesland?
Ich bin gern in Vorarlberg. Und auch in Oberösterreich, in Gmunden und am Mondsee. Der Wörthersee ist auch toll, da war ich auch. Es gibt so viele tolle Ecken! Paddy Kelly Interview 2019
Man spricht ja oft von der berühmten „Bucket-List“. Gibt es noch etwas auf Ihrer Bucket-List, was Sie unbedingt sehen möchten? Michael Patrick Kelly Interview 2019
Ja, definitiv. Neuseeland, würde ich sehr gerne besuchen. Und Japan, da möchte ich auch irgendwann mal hin. Ich möchte nach Hiroshima, denn mein Vater hat vor vielen Jahren einen Song über Hiroshima geschrieben und das möchte ich auch sehen. Paddy Kelly Interview 2019
Der Glaube spielt eine wichtige Rolle in Ihrem Leben. Wie integriert man den auf Reisen, auf Tourneen?
Ich lese täglich in der Bibel. Und das Gebet gehört für mich zu meinem Alltag. Ich habe Gebetszeiten, das ist einfach so die Prägung aus der Klosterzeit. Da gibt es über den Tag verteilt Momente, wo man das macht. Zum Beispiel vor jeder Mahlzeit oder bevor man Auto fährt. Oder auf Reisen. Da brauche ich mehrere Schutzengel, weil ich ja wirklich so viel unterwegs bin. Und wenn ich in Wien bin und es die Zeit ermöglicht, dann gehe ich sehr gerne in den Stephansdom. Das ist ein Ort, den ich gerne mag. Sonst mache ich mehrmals im Jahr Holidays, also Urlaub, und Holy Days. Holy Days sind Tage, wo ich mich zurückziehe und in Klöster gehe, mein Handy ausschalte und da tanke ich wieder auf. Da logge ich mich sozusagen off von der Welt und logge mich bei Gott ein, dann chattet man, nicht per WhatsApp aber…ja, per Gebet [lacht].
Pad
Sie haben eine sehr treue Fangemeinde, also sowohl neue Fans als auch noch von früher. Wie wichtig ist Ihnen diese Verbindung zu den Fans? Wie empfinden Sie das heute im Gegensatz zu früher?
Der Unterschied zwischen heute und früher ist: früher gab es Hysterie und das war teilweise schwer zu verstehen, also nachzuvollziehen. Weil wer mich wirklich kennt, findet mich nicht so toll [lacht]. Und heute gibt es Begeisterung und das ist – finde ich – viel gesünder. Es kippt keiner um und muss von Sanitätern irgendwo versorgt werden. Wenn, dann ist es wegen des Kreislaufs oder man hat nicht genug getrunken, oder es ist ein heißer Tag und jetzt nicht weil: „Woa, ich find‘ dich so toll und ich kipp‘ jetzt um“. Also das ist vorbei und das ist toll. Das genieße ich wirklich, dass es einfach mehr um die Musik geht und weniger um die Person. Ich mag Personenkult nicht, deshalb verteile ich auch seit 15 Jahren aus Prinzip keine Autogramme mehr. Weil mich das irgendwie abhebt und ich Menschen aber gerne auf Augenhöhe begegne. Natürlich bin ich in einem Beruf, wo man in der Öffentlichkeit steht. Da denken und sagen die Leute „Ah, du bist ein Star!“. Aber ich bin ein Mensch und ich habe einen Beruf, der in der Öffentlichkeit stattfindet, aber das macht mich nicht zu etwas Besserem. Paddy Kelly 2019 Interview
Das ist ja auch eine sehr gesunde Einstellung zu dem Ganzen, oder?
Ich versuche es. Also wenn man so viel Lob kriegt, dann steigt einem das manchmal auch zu Kopf. Du kannst so sehr am Boden bleiben, wie du willst: Wir Menschen sind anfällig für Anerkennung, für Schmeichelei, ich inklusive und jeder von uns hat ein Ego, eine Eitelkeit. Ich versuche einfach so human wie möglich zu bleiben. Erfolg kommt und geht. Und deswegen muss man seinen persönlichen Wert nicht von Erfolg abhängig machen oder davon, ob dich Leute liken oder disliken. Aber mein Publikum ist mir sehr wichtig. Weil ohne Publikum, ohne Zuhörer, würde Musik für mich viel weniger Sinn ergeben.
Ich würde es einfach für mich zuhause machen. Aber es ist ja eine sehr kommunikative Kunstform und ich liebe es, wenn ich von Leuten Feedback kriege. Wenn sie sagen „Hey, wir haben uns zu deinem Lied getraut oder die Mutter zu dem Song beerdigt oder dieses Lied hat mich in einer schweren Zeit, mit einer Krankheit geholfen, das zu verarbeiten“. Dann merkst du, okay, ich mach nicht nur Entertainment, sondern hier gibt es wirklich Songs, die manchen Leuten viel bedeuten. Dann ist das für mich viel wertvoller als eine goldene Schallplatte. Natürlich freue ich mich über eine goldene Schallplatte, aber diese Feedbacks… manchmal kriege ich auch Briefe, die bewahre ich zuhause auf und DAS sind für mich goldene Schallplatten. Also wenn ein Mensch wegen eines Songs im Leben weiterkommt, dann denk‘ ich so „geil!“ [lacht]. Pad
dy Kelly 2019