Siebenbürgen, so der deutsche Name der Region Transylvanien in Rumänien, erlebt alle Jahre wieder rund um Halloween seinen jährlichen Medienauftritt, vor allem, weil der Dracula-Mythos hier seine Wurzeln hat. Das ist schade, denn an sich ist die vielfältige Destination immer eine Reise wert. Wir verraten, weshalb man nicht nur das “Dracula Schloss” besuchen sollte – und warum man dem “Pfähler” sowieso nicht entkommt…
Hinter den Wäldern
Sowohl der Name “Transylvanien” als auch der deutsche Begriff “Siebenbürgen” geben schon ganz gute Hinweise darauf, was Reisende in der Region erwartet. Denn Transylvanien lässt sich mit “jenseits des Waldes” übersetzen. Und Siebenbürgen bezieht sich auf die sieben größten Burgen. Gut, das mag man vielleicht aus dem Geografieunterricht noch wissen, allerdings vermögen die Namen diese ganz besondere Atmosphäre kaum zu transportieren, die das Gebiet so einzigartig macht. Ausgedehnte Waldflächen und wilde Landschaften, dazu landwirtschaftlich bearbeitet Flächen, Schafherden und die Kulisse der Karpaten verleihen Transylvanien diesen mystischen Touch. Dazu kommt die ein oder andere Pferdekutsche, die über das Kopfsteinpflaster kleiner Dörfer holpert. Man hat nicht nur das Gefühl, sich durchs Mittelalter zu bewegen – man tut es tatsächlich.
Es ist kühl und bewölkt an diesem Oktobertag. Der Wind pfeift durch die alten Gassen von Sighisaora (Schäßburg). Das einzigartige historische Zentrum der Stadt wurde 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Sie gilt als der am besten erhaltene Architekturkomplex Rumäniens. Wir sind nicht die einzigen Touristen, die sich zwischen den etwa 150 sehr gut erhaltenen Bürgerhäusern aus dem 16. und 17. Jahrhundert bewegen und Fotos machen. Man vergisst hin und wieder, dass hier tatsächlich Menschen leben und man nicht im Freiluft-Museum unterwegs ist. Apropos lebende Menschen: Schäßburg ist Europas einzige noch vollständig erhaltene und bewohnte mittelalterliche Festung. Von den einstigen Festungstürmen stehen noch viele, ebenso wie eine fast komplette Ringmauer. Die Geschichte der Stadt ist bewegt und spannend, geprägt von Auseinandersetzungen und verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Spannend ist auch der Umgang mit dem Dracula-Kult in der Stadt.
Denn sie wird sie als Geburtsort von Vlad Tepes III. dem Pfähler betrachtet, der 1448, 1456 – 1462 und 1476 über die Walachei herrschte und ob seiner Grausamkeit dem irischen Schriftsteller Bram Stoker als Vorbild für seinen “Dracula”-Roman (1897 erschienen) diente. Außerdem soll der spätere Despot 1431 – 1436 auch hier gewohnt haben. Unser Tourguide beantwortet zwar höflich all unsere Fragen rund um den grausamen Herrscher, doch man merkt ihm an: Lieber ist ihm, wir fragen nach Details zu den denkmalgeschützten Gässchen und zur Burganlage. Man will sich nicht auf eine erfundene Romanfigur und einen echt schon lang toten Fürsten reduzieren lassen, sondern Besuchern die reale, immer noch existierende, kulturelle, architektonische und landschaftliche Vielfalt näher bringen. Dass sich die Bevölkerung schon seit Jahren einem geplanten Dracula-Freizeitpark widersetzt, ist da nur konsequent. Das Restaurant Dracula – wo sehr gute Cocktails serviert werden – allerdings lässt man sich dann doch wieder nicht nehmen.
Zu sieben Burgen musst du gehen
Und wenn wir nun doch schon bei Dracula sind, sollten wir auch noch kurz Schloss Bran (Castelul Bran) erwähnen. Es liegt in der Nähe der kleinen Stadt Brasov (Kronstadt) und wird oft als “Dracula-Schloss” präsentiert. Es ähnelt nämlich dem Schloss, das Stoker in seinem Roman beschrieb, allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass Vlad Tepes III. Bran nie betreten hat. Sehenswert ist das imposante Bauwerk aus dem 14. Jahrhundert aber alle mal; hier werden an Halloween übrigens Spezialführungen angeboten
Ganz in der Nähe liegt auch die Burg Poienari. Diese stammt aus dem 14. Jahrhundert, ist aber nur noch in Teilen erhalten. Sie diente Vlad Tepes III. einst als Unterschlupf; er floh vor den Türken und Tartaren hierher; mit einer Kriegslist konnte er schließlich entkommen. Etwas mehr Action erwartet Besucher in Cluj-Napoca (Klausenburg). Die Stadt ist die zweitgrößte in Rumänien und soetwas wie die inoffizielle Hauptstadt von Transylvanien. Hier gibt es neben Universitäten auch ein sehr lebhaftes Nachtleben und viele Sehenswürdigkeiten, vor allem Bauwerke. Selbst während der Wirren des Zweiten Weltkrieges sind die unterschiedlichen architektonischen Stile weitgehend erhalten geblieben.
60.000 Quadratkilometer Natur
Dass die Natur hier noch relativ unberührt ist, haben wir ja schon erwähnt. Viele Touristen kommen daher auch zum Wandern, Paragleiten und Downhillen. Nun muss man als bergverwöhnter und -gewöhnter Alpenländer nicht unbedingt nach Transylvanien, um sich in der Natur zu betätigen. Aber um Bären ganz nahe zu kommen, lohnt sich der Ausflug allemal. Geboten werden die unterschiedlichsten Touren mit erfahrenen Guides; denn so eine Braunbärensichtung ganz allein in freier Wildbahn, auf die kann man dann doch eher verzichten.
Eine drei- bis vierstündige Tour ab Brasov wird beispielsweise von viator.com angeboten. Diese kostet 45 Euro/Person und startet nach Sonnenuntergang. Mit dem Ranger geht es in die Karpaten, wo man sich ein Versteck sucht, von dem aus man die Braunbären und ihre Jungen beobachtet. Auch Rehe, Luchse, Wildschweine und Federwild bevölkern die Region. Eins ist jedenfalls sicher: Wenn hier etwas beißt, dann der Braunbär und nicht der blutsaugende Vampir aus den Legenden.
Beitragsvideo: © Bran Castle via YouTube