Obwohl der Vulkanausbruch des Vesuv, der die ganze Stadt unter sich begrub, 1.945 Jahre zurückliegt, fördern Ausgrabungen in Pompeji immer wieder Unglaubliches zu Tage. Erst vor kurzem legte man etwa einen Bankettsaal frei, der mit Motiven aus dem Trojanischen Krieg geschmückt ist.
Mythologische Motive
Insula 10, Regio IX: Das sind die relativ unscheinbaren Koordinaten eines der spektakulärsten Funde in Pompeji in der jüngsten Geschichte. In diesem Bereich legten Archäologinnen und Archäologien vor kurzem zwei miteinander verbundene Häuser frei. Eines davon scheint einst eine Bäckerei gewesen zu sein. Das andere war wohl eine Wäscherei mit Blick auf die Via Nola. Die Fassaden letzterer legte man bereits Ende des 19. Jahrhunderts frei. Im Inneren der Häuser befinden sich prächtige, mit Fresken geschmückte Wohnräume. Als sie vom Vulkanausbruch verschüttet wurden, befanden sie sich offenbar in einer Renovierungsphase.
Ein imposanter Bankettsaal hingegen kam in seiner gesamten Pracht zum Vorschein. Es handelt sich dabei um einen großzügig angelegten Raum, der einen beeindruckenden Rahmen für geselliges Beisammensein bildete. Er ist geschmückt mit Fresken und Mosaiken aus dem III. Stil. Zu sehen sind Heldenpaare und Gottheiten. Es handelt sich bei ihnen um solche, die mit dem Trojanischen Krieg in Verbindung stehen. Und auch mit dem Schicksal und dem freien Willen. In der Mythologie eine Möglichkeit, die der Mensch nur zu selten wahrnimmt.
Schwarze Wände
So sind etwa Helena und Paris zu sehen. Auch Kassandra, die tochter des Priamos und Apollo ist abgebildet. Kassandra kennt man für ihre Gabe der Voraussicht. Sie war es, die in der griechischen Mythologie den Trojanischen Krieg voraussah. Allerdings glaubte ihr niemand, da Apollo sie mit einem Fluch belegt hatte. Der Grund dafür? Rache, weil Kassandra sich weigerte, mit ihm zu schlafen. Ähnlich wie eine Klatschzeitschrift auf einem Kaffeetisch scheint die Präsenz mythologischer Figuren auf den Wänden von Wohnräumen dazu gedient zu haben, für Gesprächsstoff zu sorgen.
„Die Wände waren schwarz, um den Rauch der Lampen an den Wänden nicht zu sehen. Hier versammelte man sich nach Sonnenuntergang, um zu feiern. Das flackernde Licht der Lampen erweckte den Eindruck bewegter Bilder, besonders nach ein paar Gläsern gutem kampanischen Weins”, erklärt Gabriel Zuchtriegel, der Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji. Mit einer Größe von 15 Metern länge und 16 Metern Breite ist der Raum mehr als nur großzügig. Gäste konnten von ihm direkt in einen Innenhof gelangen.
Eine Treppe führt in den ersten Stock. Sie kommt aber gänzlich ohne Dekoration aus. Unter den Bögen der Treppe fand man Baumaterial. Jemand hatte sich hier auf dem groben Putz mit Kohle verewigt. Und zwar mit einem Symbol, das man durchaus auch heute noch allerorts als Schmiererei findet: einem riesigen Phallus. Die Ausgrabungen in Pompeji schreiten jedenfalls weiter voran. Man darf durchaus gespannt sein, was man hier in Zukunft noch finden wird. Schließlich wohnten zum Zeitpunkt des Vesuv-Ausbruchs rund 20.000 Menschen in der überaus modernen Stadt. Rund 2.000 von ihnen fanden in der Katastrophe ihren Tod.
Tipps für Pompeji
Ihr wollt die Ausgrabungen in Pompeji gerne selbst einmal sehen? Das solltet ihr unbedingt tun, am besten mit einem Aufenthalt in Neapel. Die besten Tipps für euren Abstecher in die Vergangenheit:
- Es gibt kaum Schatten; kommt daher entweder am Morgen oder später am Abend, nicht auf Sonnencreme vergessen!
- Das Areal ist riesig, manchmal unwegsam und vorwiegend mit Kopfstein gepflastert. Zieht also bequeme, geschlossene Schuhe an. Selbst Flip Flops können hier mühsam werden
- Genügend Zeit einplanen
- Audio Guide oder Führung dazu buchen; es gibt so unglaublich viel zu erfahren!
- Tickets vorab buchen; Wartezeiten einrechnen (die kann man aber zB. durch die Buchung einer Tour umgehen)
- An jedem ersten Sonntag im Monat ist der Besuch wie in allen italienischen Museen gratis; allerdings ist dann auch der Andrang entsprechend groß
- Etwa 20 km entfernt liegt der Archäologiepark Herkulaneum; auch hier gibt es beeindruckende Ausgrabungen zu bestaunen; in der Regel ist weniger los als in Pompeji