Interview mit Casey Russell
Von England in die Welt: Casey Russell ist gerade einmal 14 Jahre alt und bereits jetzt ein großer Abenteurer. Der junge Brite lebt mit seiner Mutter, seinem Stiefvater und zwei Hunden auf einem Segelboot. “Die Welt ist ein Klassenzimmer”, schreibt er auf seinem Blog adventurerintrainingblog.wordpress.com, auf dem er von seinen Reisen erzählt und tolle Fotos postet. Uns hat er im Interview der Woche verraten, wie es sich anfühlt, auf Dauerreise zu sein.
Wie es dazu kam, dass eine ganze Familie auf Reisen geht
Ursprünglich stammt die Familie aus Cornwall. Schon immer war sie gerne unterwegs, doch das große Abenteuer begann 2012. Damals kaufte Stiefvater Geoff eine Beneteau Oceanis 45 in Slowenien, die er gemeinsam mit Freunden nach Korfu in Griechenland brachte. Und dort übernahm dann der Rest der Familie das Steuer. Mama Lynne, Stiefpaper Geoff, Schwester Summer (damals 13) und der damals neunjährige Casey bildeten gemeinsam mit den beiden Familienhunden die Besatzung. Casey wird von seiner Mutter unterrichtet, das Schiff dient als Homebase für die zahlreichen Familienreisen.
Wohin führten euch eure letzten Reisen?
Im letzten Jahr sind wir rund um die Türkei und die griechischen Inseln gesegelt, hauptsächlich die Dodekanesen. Im April haben wir uns von Fethiye (Türkei) ostwärts auf den Weg gemacht. Wir wollten nach Zypern und Israel. Nachdem wir Zypern umsegelt hatten, konnten wir allerdings leider nicht nach Israel. Das Wetter und die Politik haben nicht mitgespielt. Wir sind daher zurück nach Fethiye und nach einem kurzen Zwischenstopp nach Griechenland. Wir haben viele verschiedene Inseln besucht: Symi, Chalki, Tilos, Nisyros, Kos, Kalymnos…
Danach haben wir uns auf einen sechswöchigen Roadtrip begeben. Wir sind in den Norden, durch Bulgarien nach Rumänien. Wir haben in beiden Ländern die Must-Sees ebenso besucht wie viele Geheimtipps. Momentan sind wir auf dem Weg zurück nach Griechenland. Geoff und ich werden dann mit ein paar neuen Besatzungsmitgliedern zurück runter nach Fethiye segeln. Wir mussten die Türkei verlassen, weil unser Auto in Großbritannien registriert ist. Fremde Autos und deren Besitzer müssen alle zwei Jahre für sechs Monate die Türkei verlassen. Das müssen keine aufeinanderfolgenden sechs Monate sein, darum werden wir dieses Jahr wohl echte Nomaden sein!
Was ist noch auf deiner persönlichen Bucket-List?
Ich habe keine wirkliche Bucket-List, obwohl ich wohl eine haben sollte. Ich würde aber gerne von Babadag aus paragliden. Das ist eine der höchstgelegenen Stellen der Welt, von denen aus man das machen kann. Dann möchte ich quer durch den Atlantik segeln, den Balkan und Osteuropa erkunden, am Fastnet Yacht Race teilnehmen und alle 14 britischen Übersee-Gebiete besuchen.
Gibt es etwas, das du nicht magst, wenn es ums Reisen geht?
Nein, es gibt nichts, was ich am Reisen nicht mag. Ich liebe es! Ich liebe es, unterschiedliche Kulturen und Lebensweisen zu erleben, die Geschichte eines Ortes zu erfahren, neue Menschen kennenzulernen und Freunde aus allen Teilen der Welt zu finden. Was ich schwierig finde, vor allem in diesem Jahr, ist, dass wir mehr oder weniger fünf Monate ständig unterwegs waren. Das wird schön langsam anstrengend und ich komme langsam an einen Punkt, wo mir klar wird, dass ich wohl zurück nach Fethiye sollte, um ordentlich für meine Prüfungen im nächsten Jahr zu lernen.
Was nervt dich auf Reisen?
Die Hunde! Egal, wie sehr ich sie liebe – wenn man mit Hunden auf einem Roadtrip ist, kann das aufwändig werden. Man muss sichergehen, dass sie ins Hotel dürfen, sie sitzen hinten mit mir im Auto und Arsena riecht wie Käsebällchen. Wenn wir segeln, bestimmen die Hunde, wie lang wir unterwegs sind, denn sie müssen an Land, um ihr Geschäft zu verrichten. Wir müssen daher spätestens nach zehn Stunden irgendwo ankern und an Land gehen. Und wenn wir irgendwo an Land gehen, wollen andere Menschen sie ständig streicheln und Fotos machen – das hat mich viel Geduld gelehrt. Denn eine einstündige Tour durch die Stadt wird so schnell zu einer dreistündigen Unternehmung.
Wo hast du bisher am besten gegessen?
Ich denke, alles, was ich bisher hatte, war unterschiedlich. Die beste Pizza hatte ich – und das ist keine Überraschung – in Italien, in Acona. Das ist ein Hafen an der Ostküste, südlich von San Marino. Aber das beste Essen insgesamt gibt’s in der Türkei. Das Essen ist unglaublich frisch und es werden viele verschiedenen Gewürze verwendet. Man schmeckt den Einfluss aus allen benachbarten Ländern.
Vermisst du dein Zuhause manchmal?
Ich werde oft gefragt, ob ich meine Heimatstadt in Großbritannien vermisse. Und die Antwort ist: Nein. Ich war ziemlich jung, als wir Newquay verlassen haben und ich kann mich nicht besonders gut erinnern. Das ist der Grund, weshalb ich Fethiye jetzt als mein Zuhause betrachte und nicht England. Momentan vermisse ich Fethiye, weil ich zurück möchte und eine Art Normalität.
Was ist dein Insider Tipp für alle, die die Türkei besuchen?
Essen, wo die Einheimischen essen. Dann bekommt man das beste Essen zum besten Preis und authentische Gerichte. Auf keinen Fall internationales Essen an einem touristischen Ort bestellen, wenn es doch gleich neben der Straße türkische Spezialitäten gibt.
Unbedingt sollte man türkisches Frühstück probieren. Es ist einfach, köstlich, schmeckt sehr gut und kann, mit einer Menge türkischem Chai, gut und gern den ganzen Tag dauern. Außerdem sollte man nicht erwarten, dass irgendetwas sofort passiert. Die Türken haben den Spaniern beigebracht, was “mañana” heißt. Oh, und es ist normal und höflich, am Bazar zu handeln, während man mehrere Gläser Chai trinkt und einem der Händler Fotos von seiner Frau, seiner Familie, seinem Hund zeigt. Auch das kann den ganzen Tag dauern, ist aber ebenso Teil der wundervollen Erfahrung, die die Türkei ist.
Interessierte können Caseys Abenteuer auf seinem Blog https://adventurerintrainingblog.wordpress.com/ oder auf seinem Instagram-Profil @adventurerintrainingblog verfolgen. Auch bei uns wird er immer wieder vorbei schauen und von seinen Reisen berichten.