Man kennt die Nachrichten aus Barcelona und anderen von Reisenden überrannten Städten: Von “Tourists go Home”-Rufen bis zu mit Angriffen mit Wasserpistolen reichen diese. Viele Städte der Welt, vor allem aber auch europäische, haben ein Problem mit Massentourismus. Speziell ältere Citys sind einfach nicht für die Menge an Besuchenden ausgelegt. Wenn sich die Einheimischen plötzlich in der Minderzahl finden und auf ihre Bedürfnisse vergessen wird, entstehen natürlich ebenfalls Konflikte. Weil man vom Tourismus gut leben kann und wir uns natürlich auch freuen, wenn andere Menschen die Schönheit unserer Heimat erkennen, ist ein Kompromiss notwendig. Dazu gehört auch, dass sich Besuchende mit den Eigenheiten ihrer Reiseziele vorab vertraut machen. Diese Regeln für Wien sollte man vorab kennen:
Rolltreppe fahren
In Wien halten wir uns auch auf der Rolltreppe an eine Art Verkehrsregel: Wer auf ihr steht, steht rechts. So bleibt die linke Seite für jene Menschen frei, die es eilig haben und überholen wollen. Wer sich nicht daran hält, gibt sich sofort als fremd zu erkennen und muss damit rechnen, von ungeduldigen Einheimischen angeschnauzt oder gar zur Seite gedrängt zu werden.
Regeln für Wien und seine Öffis
Wir alle können es kaum erwarten, endlich in die einfahrende U-Bahn oder Straßenbahn einsteigen zu können. Damit der Zug schnell wieder weiter fahren kann, lassen wir zuerst jene Menschen raus, die aussteigen möchten. Wir warten dafür an den Seiten der U-Bahn- oder Straßenbahneingänge. Erst, wenn niemand mehr raus möchte, steigen die Wartenden zu. Steht man in einem sehr vollen öffentlichen Verkehrsmittel und andere Menschen möchten raus, steigt man selbst auch kurz aus, um Platz zu machen. Wer Eingänge blockiert, kann sich auf ein passiv-aggressives “Steigen Sie aus?” gefasst machen. In der U-Bahn, in der Straßenbahn und im Bus bietet man seinen Sitzplatz jenen Menschen an, die ihn dringender benötigen, zum Beispiel Älteren oder Schwangeren. Generell ist Wien eine Stadt, in der man sehr viel zu Fuß erledigen kann. Während der Rush-Hour am Morgen und Abend ist es oft sinnvoll, eine oder zwei Stationen lieber zu Fuß zu gehen.
Müll trennen
Man mag sich über die österreichische Art, Müll zu trennen, lustig machen. Reisende, die schon viele Länder der Welt gesehen haben, werden aber die Sinnhaftigkeit erkennen. Und auch, dass Wien eine bemerkenswert saubere Stadt ist. Mistkübel gibt es an jeder Ecke und vielerorts sogar in unterschiedliche Müll-Kategorien (Plastik, Glas, Restmüll, Bio-Abfall) unterteilt. Von Reisenden wird daher erwartet, ihren Müll nicht nur nicht einfach überall liegen zu lassen, sondern genauso zu trennen, wie das die Einheimischen tun.
Was zieht man in die Oper an?
Broadway-Fans werden eines bemerkt haben: In New York ist es durchaus üblich, einfach nach dem Shopping oder “Zwischendurch” in ein Musical oder zu einer Theateraufführung zu gehen. Wer sich hierfür besonders schick macht, fällt üblicherweise auf. In Wien verhält es sich genau umgekehrt. Für Theater-, Muscial- und Opernbesuche zieht man sich elegant an. Zumindest Cocktail Attire ist bei allen Kultuveranstaltungen eine gute Idee. Für Herren heißt das, zumindest ein Sakko und Hemd sollten sein. Wer in dieser Hinsicht nichts im Gepäck hat, kann beim traditionellen Herrenausstatter Sturm am Parkring vorbeischauen. Hier bekommt man qualitativ hochwertige Anzüge, Sakkos, Hosen, Hemden und Krawatten.
Lautstärke
Natürlich herrscht auch in Wiener Kaffeehäusern nicht Grabesstille. Oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber zu den Regeln für Wien gehört es, etwas zurückhaltender mit Lautstärke zu sein. Das betrifft Unterhaltungen ebenso wie Gespräche am Telefon. Wer mit einem am Tisch oder neben einem in der U-Bahn sitzt, sollte einen hören. Aber nicht das gesamte Kaffeehaus und das gesamte Zugabteil.
Trinkgeld
Diese Regel für Wien mag kontroversiell sein. Denn üppiges Trinkgeld ist etwas, das in der Gastronomie Arbeitende vor allem erwarten, seit immer mehr Reisende diesen Brauch zu uns bringen. Generell muss man nämlich sagen: Es gibt gesetzlichen Mindestlohn, alle Angestellten sind Krankenversichert und erhalten fünf Wochen bezahlten Urlaub pro Jahr sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, also ein 13. Gehalt. Sie sind also – anders als in anderen Ländern – nicht auf ihr Trinkgeld angewiesen, um davon leben zu können. Selbstverständlich freut sich aber jeder über etwas extra Cash. Beim Essen und wenn das Service wirklich gut war, sind etwa 10 Prozent angemessen. Hatte man nur einen Kaffee oder ein Bier, kann das auch weniger sein.
Anstehen für Kaffeehäuser
Apropos Kaffee: Locals gehen in kein Kaffeehaus, für das sie sich anstellen müssen. Die Stadt ist voll von fantastischen Cafés; weder das Central noch das Sacher oder Landtmann sind in unseren Augen etwas Besonderes. Oder doch, sie sind in der Regel besonders voll, besonders teuer und oft besonders unfreundlich. Locals können den Hype um die Reiseführer-Cafés nicht nachvollziehen. Wer also ein authentisches Erlebnis in dieser Hinsicht haben möchte, geht in eines der 970 anderen Kaffeehäuser der Stadt.
Eingänge blockieren
Obwohl die Schönheit der Stadt einen das vielleicht denken lässt: Wien ist kein Museum. Hier leben und vor allem arbeiten Menschen. Und die wollen natürlich abends püntklich heim, ihre Besorgungen ungestört erledigen und morgens an ihren Arbeitsplatz gelangen. Eine der wichtigsten Regeln für Wien und jede andere Stadt der Welt ist daher, diese Punkte nicht zu vergessen. Das heißt, man sollte darauf achten, keine Eingänge zu blockieren. Nicht in großen Gruppen nebeneinander auf Gehsteigen gehen. Keine fremden Menschen fotografieren. Nicht bei Fenstern reinschauen. Oder einfach so private Gebäude und Innenhöfe betreten.
Wien ist mehr als der erste Bezirk
Wer nachher behaupten können will, in Wien gewesen zu sein, sollte mehr anschauen als nur den ersten Bezirk. Sicher, alles innerhalb der Ringstraße ist besonders alt und instagrammable. Aber auch alle anderen Bezirke – und davon gibt es insgesamt immerhin 23, haben ihre besonderen Reize. Der siebte Bezirk ist zum Beispiel als sehr hip bekannt. Viele moderne Cafés und kleine Shops machen ihn sehenswert. Der zweite Bezirk liegt beim Prater, der grünen Lunge Wiens. Den 19. Bezirk kennt man wegen seiner typischen Heurigen und noblen Villen.
Tagesausflug nach Hallstatt
Immer wieder fragen Reisende nach Tipps für einen Tagesausflug nach Hallstatt. Die einfachste Antwort darauf ist: Don’t do it. Einerseits ist der Trip ein weiter. Man ist mit dem Auto in eine Richtung dreieinhalb Stunden unterwegs. Und mit dem Zug sogar viereinhalb. Das lässt nicht viel Zeit vor Ort und ist einfach nur stressig. Außerdem ist Hallstatt ein winziger Ort, der von Touristen überschwemmt wird. Für Einheimische ist kaum mehr Platz. Sie müssen sich durch Touristengruppen kämpfen, gefallen lassen, dass in ihre Häuser gespäht wird, mit eingebildeten Influencern zurecht kommen und werden mehr und mehr verdrängt. Schließlich möchte niemand in einem Museum wohnen. Von Tagesausflügen raten wir daher dringendst ab. Sei kein Teil des Problems! Andere Städte in Österreich sind genauso schön und weniger überfüllt. Und da hat man auch noch Chancen auf freundliche Einheimische und Fotos, die nicht ohnehin jeder andere Tourist auch hat. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Ausflug in die Wachau (Bild oben)?