Es gibt solche und solche Pressereisen. Bei den einen erhältst du eine Sonderbehandlung, die fast schon unangenehm ist, weil du dich wie eine Prinzessin fühlst. Bei den anderen scheint das Motto zu sein: “Nur nicht zu gut behandeln. Es muss reichen, wenn die auf eigene Kosten anreisen, keinen Cent von uns für ihre Arbeit bekommen und einen Artikel für uns schreiben dürfen. Die sollen ihre Miete in Gratisessen bei uns im Hotel bezahlen.” Unlängst war ich in einem österreichischen Hotel, das sich durch ein paar Besonderheiten auszeichnete. Zum einen war da ein Zahnputzbecher mit Zahnpastaflecken im Bad. Zumindest hoffe ich sehr stark, dass es Zahnpasta war. Zum anderen hatte ich ein Zimmer mit einem Balkon, der vom Gang aus einsehbar war. Außerdem waren seltsame Flecken auf der Überdecke und die Wände waren extrem hellhörig.
Mein schuhkartonfarbenes Zimmer mit seinen schuhkartongroßen Ausmaßen lag Wand an Wand mit einem Zimmer, in dem zwei Mädels nächtigten, die Party zu ihrem Lifestyle auserkoren hatten. Als sie spätnachts heimkamen und beide duschen gingen, wurde ich davon wach. Es klang, als würde ich unter einem Wasserfall schlafen. Die Ladies mussten dann auch noch Haare föhnen. Ihrem Gekicher nach waren sie durchaus enthusiasmiert unterwegs. Ein bisschen Türenknallen später dann endlich Ruhe. Denke ich zumindest. Ich hatte zum ersten Mal seit langem wieder mal Ohrenstöpsel herausgekramt.
Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker um 5:30. Ich stand auf, putzte meine Zähne, zog mich um und brach zu einem kleinen Lauf auf. Als ich eine Stunde später wieder zurück war und unter der Dusche stand, überlegte ich meine Rache an den nächtlichen Störenfrieden. Beim Föhnen – da war es ca. 7 Uhr morgens – fiel mir ein, dass ich das wohl sogar schon hatte. Und föhnte noch ein bisschen länger…
Was soll ich sagen, dünne Hotelwände, Partylifestylegäste und ich – wir passen einfach nicht mehr so gut zusammen wie vor 10 Jahren, als ich noch auf der anderen Seite der Wand schlief.