Area 47 Geschäftsführer Chris Schnöller
“Geschäftsführer” wäre wohl die offizielle und korrekte Bezeichnung für den 43-jährigen Tiroler, den wir diese Woche zum Interview getroffen haben. Aber hochoffiziell, mega korrekt – das geht mit Chris Schnöller nicht so ganz ‘zam, denn der unkonventionelle Abenteurer ist immerhin Chef der Area 47, eines Outdoorspielplatzes für Adrenalinjunkies, Junge & Junggebliebene. Da hilft’s auch nicht viel, dass wir uns ausgerechnet in der “Frommen Helene” im 8. Wiener Bezirk treffen. Bei Bier und Schnitzel geht’s um Obama, Mateschitz und Mondflüge ebenso wie um Nachhaltigkeit und Bücher. Ja, Bücher.
Wenn man Geschäftsführer eines Freizeitparks ist, fährt man dann auf einen entspannten Relax-Urlaub oder gibt’s dann auch wieder Abenteuer?
Nur Abenteuer! Ich war in meinem ganzen Leben noch nicht auf einer Pauschalreise.
Und wenn Sie privat unterwegs sind, können Sie dann auch abschalten oder vergleichen Sie das Angebot immer mit dem in der Area 47?
Immer. Aber das ist für mich kein Stress. Ich seh in jedem Trip eine Möglichkeit, etwas mitzunehmen, und wenn es nur eine Idee ist, wie wir es besser nicht machen sollten.
Wohin ging denn Ihre letzte Reise?
Ich war auf einem Kurztrip in Slowenien zum Kajak-Fahren, meine letzte längere Reise ging nach Indonesien zum Tauchen und zum Dschungeltrekking.
Was ist auf jeder Reise mit dabei?
Bücher.
Wirklich? Bücher?
Ja. Ich lese viel, so 30, 40 Bücher im Jahr. Derzeit ist’s Richard David Precht. Ich liebe aber auch skandinavische Thriller, und Bernhard Aichner ist sowieso mein Hero. Die Bücher habe ich dann teilweise am Kindle mit, teilweise möchte ich die aber auch physisch in der Hand halten.
Womit bringt man Sie auf Reisen auf die Palme?
Mit Abzocke, Convenience Food und 08/15 Unterhaltung.
Was muss man sich unbedingt ansehen, wenn man in Ihre Heimatstadt Sölden kommt?
Auf alle Fälle muss man auf einen Berg rauf! Man muss am Berg oben gewesen sein. Und aktuell muss man sich unbedingt das 007 Elements, die cinematic installation, anschauen. Ich hab das jetzt selbst schon dreimal gesehen – ich war schon in über 70 Ländern dieser Erde, aber sowas habe ich noch nirgendwo gesehen.
Und in welchem dieser 70 Länder war’s am schönsten?
I find’ das die dümmste Frage, die so gestellt wird! Ich habe mitreißende Momente in Townships in Südafrika erlebt, genauso hat es mir in Sri Lanka in der Teeplantage sehr gut gefallen, genauso hat es mir aber auch in Slowenien beim Kajak-Fahren gefallen oder in Zams. Reisen bedeutet für mich nicht zu vergleichen, wo es jetzt am schönsten ist. Ich könnte es einfach nicht beantworten. Man muss ja auch bedenken, dass ich seit 25 Jahren reise. Mit Anfang 20 war ich in einem ganz anderen Lebensstadium, da gab es nix Geileres, an irgendeinem Strand abzuhängen und Party zu machen. Irgendwann verschiebt sich das, da musst dann nicht mehr bei jeder Party dabei sein. Da ist es dann schön, wenn du irgendwo einsam in der Natur draußen bist.
Was steht ganz oben auf Ihrer Bucket-List?
Ich versuche, meine Bucket-List ernsthaft zu führen, also alles zu erledigen, was da drauf steht. Was definitiv drauf steht ist Freeriden in Japan, ein Besuch der Antarktis und ein Mondflug.
Mond. Flug. Glauben Sie, das geht sich aus?
Ja. Ich bin so einer, der dann mit 70 alles verkauft, damit er einmal zum Mond fliegen kann.
Fast genauso weit weg: Tirol. Ötztal. Wie kann man den typischen Besucher der Area 47 charakterisieren?
So unterschiedlich, wie unser Angebot ist, so unterschiedlich ist auch unser Klientel. Wir haben Schülergruppen unter der Woche, am Wochenende haben wir viele Junggesellenabschiede, aber auch viele Familien mit Kindern im Teenageralter. Wir haben aber auch einen amerikanischen Reiseveranstalter, der kommt einmal in der Woche mit einem Bus voll Amerikaner zu uns. Der Jüngste ist 55, der älteste 80. Und die gehen dann bei uns raften. In den 90ern lag der Anteil männlicher Gäste im Outdoorbereich noch bei 95 %, heute sind’s etwa 65 % Männer, 35 % Frauen.
Was sind die Zukunftspläne für die Area 47?
Ein Riesenthema ist Biken, die Bike Academy. Da lernt man Mountainbiken, Single Trails zu fahren und ab nächstem Jahr haben wir auch E-Mountain-Bikes. Bei uns lernt man, was man damit eigentlich alles anstellen kann. Wir wollen den Bike-Bereich ausbauen. Ein weiteres Thema ist der Gastro- und Hospitality-Bereich. Da bauen wir gerade um, wir werden trendiger, lifestyliger. Neue Foodtrends werden mitaufgegriffen, wir wollen auch immer regionaler werden. Regionale Küche im Hipster-Design.
Und Nachhaltigkeit?
Klar, sehr sehr wichtig. Aber das war bei uns immer schon so, das ist nicht neu. Wir sind jedes Jahr die ersten bei uns in der Schlucht drin und räumen dort auf. Wir sammeln den Müll aus den Canyons entlang von Verkehrsrouten, den die Autofahrer reinschmeißen. Das machen wir gemeinsam mit dem Tiroler Rafting Verband. Von 2017 auf 2018 haben wir außerdem über 20 % Plastikanteil reduziert, es sollen aber noch 20 % weniger werden. Da, wo wir Plastik haben, achten wir darauf, dass es recycletes Plastik ist.
Nun gibt es mittlerweile Franchise-Anfragen aus Saudi Arabien, Nordamerika und China, die Area 47 ist weltweit bekannt. Wie hat’s angefangen?
Ja, so bekannt, dass wir dieses Jahr in der New York Times auf Platz 2 der besten Wasserparks der Welt gelandet sind! Angefangen hat alles 1988 mit einem Outdoor Camp und zwei Rafting Booten. Und heute haben wir bis zu 3.500 Gäste am Tag. Wir sind innerhalb von wenigen Jahren der größte Anbieter von Rafting und Canyoning Abenteuern in Europa geworden, gemessen an der Teilnehmerzahl.
Wie schaut’s mit Promis aus? Wer war schon da, wen wünschen Sie sich als Gast?
Ich bin ein großer Bewunderer von Didi Mateschitz. Ich habe ihn schon zweimal treffen dürfen und ich finde es so unglaublich, was er aus Red Bull gemacht hat. Das ist ein Mensch, zu dem ich aufschau. Genauso würd’s mich freuen, wenn ein Vladimir Putin oder ein Barack Obama vorbeischauen tät’. Einer der Klitschko-Brüder war schon da, deutsche Fernsehmoderatoren, wir haben jedes Jahr bis zu 20 Film- oder TV-Produktionen bei uns, irgendwelche japanischen Kabarettistinnen, die drüben Superstars sind, waren da. Auch ein brasilianischer Telenovela Star war da… Zu uns können alle kommen, aber bei uns gibt’s keine VIP-Behandlung.
Und in welchem Bereich in der Area macht’s Ihnen den meisten Spaß?
Beim Canyoning. 1999 habe ich als Canyoning Guide in Nepal gearbeitet. Zur gleichen Zeit waren da amerikanische Kajaker, die einen Extrem-Kajaking-Film gedreht haben. Die haben uns kontaktiert, weil sie in einer Schlucht ein Kajak verloren haben. Wir haben ihnen das rausgeholt, das wiederum hat die so begeistert, dass die was gemeinsam drehen wollten. 2000 sind sie im Auftrag von National Geographic nach Österreich gekommen und wir haben dann gemeinsam in Österreich, Italien, der Schweiz und in Slowenien gedreht. Ein Jahr drauf haben wir einen eigenen Canyaking (eine Mischung aus Canyoning und Kayaking) Film für National Geographic Today auf der Île da la Réunion gedreht, da war ich mit dabei.
Service für unsere Leser und Leserinnen: Wir haben die Videos mit Chris Schnöller ausgegraben. Warnung: “Nurpu” entstand in Zeiten lang vor Go Pros und Smartphones, für jüngere Leser und Leserinnen könnten die gezeigten Bilder daher etwas verstörend wirken: