Andreas Gfrerer – ARTHOTEL Blaue Gans Salzburg
Lang hat es gedauert, aber unsere Interview-Reihe ist wieder da. Den Auftakt für den zweiten Teil macht Andreas Gfrerer. Der sympathische Chef vom ARTHOTEL Blaue Gans in der Salzburger Getreidegasse erzählt von seiner Leidenschaft für Kunst, Gemäuern, die Geschichten erzählen könnten und der neuen Art des Reisens.
Wenn man das Hotel betritt, verlässt man die quirlige Getreidegasse und fühlt sich sofort wie in einer Oase der Stille. An den Wänden hängt Kunst, in den Gängen steht Kunst. War das Thema Kunst für Sie immer schon wichtig?
Ich habe mir mit meinem ersten selbstverdienten Geld als Selbstständiger ein Kunstwerk gekauft. Es war damals ein Staudacher – “Seelengarten”. Das hängt immer noch im Haus. Und so wächst die Sammlung ständig. Es geht mir nicht darum, Werte anzuhäufen. Ich setzte mich mit Künstlern auseinander und möchte verstehen, wie sie ticken. Dann entsteht eine Faszination und ein Bezug. Es bleibt etwas zurück.
Das wirkt fast wie Understatement.
Ja. Also es gibt auch Werke wie die von Beuys, aber das ist eher die Ausnahme. Oder der Kubin Altar. Alfred Kubin hat einen Roman geschrieben, “Die andere Seite”, da kommt die Blaue Gans drin vor – sechs mal. Der Kutscher sagt dem Romanprotagonisten, er solle in der Blauen Gans absteigen. Wir haben das mit einem Künstler in einer Performance umsetzen lassen, daraus sind zum Beispiel ein Plakat und ein Stuhl entstanden. Und so kommen die Dinge zum Teil zu uns. Wir sind in der Stadt oft eine Schnittstelle zwischen Künstlern und Institutionen.
Kann man als Gast die ausgestellten Kunstwerke kaufen?
Nein. Die bleiben da 🙂 Ich habe hin und wieder schon etwas verkauft, aber darum geht es gar nicht. Viele sind ja auch persönliche Entwicklungsschritte, die da im Haus dokumentiert sind.
Nun ist das Haus ja 670 Jahre alt. Ist es nicht auch schon eine Kunst, ein derartig altes Haus-Ensemble in ein Hotel umzuwandeln und modern zu halten? Stichwort: Denkmalschutz?
Von Beginn an war es ja immer eine Herberge und immer für Menschen da, die unterwegs sind. Oder eher: die ihre eigenen Wege gehen. Man muss natürlich mit sehr viel Gefühl zu Werke gehen. Wir haben beispielsweise einen Keller gebaut, der unter die Fundamente aus dem 14. Jahrhundert reicht. Da wurden römische Scherben gefunden.
Nun ist das Hotel seit 100 Jahren in Familienbesitz. Wie ist es dazu gekommen?
Mein Urgroßvater war Bierbrauer bei der Stiegl-Brauerei. Die Brauerei hat das sehr stark unterstützt, dass sich Mitarbeiter selbstständig machen. Mein Urgroßvater hat in dem Zug das Gebäude erworben. So blieb es über die Generationen in Familienbesitz. Ich habe dann nach meiner Rückkehr aus Amerika angefangen, einen Businessplan zu machen und habe das Hotel dann in mehreren Schritten umgebaut. Wir machen das nach wie vor. Gemeinsam mit den MitarbeiterInnen schauen wir, dass wir das Konzept immer weiter entwickeln und am Puls der Zeit bleiben.
Wer ist in der Blauen Gans bestens aufgehoben?
Wir sind eher für Menschen, die das Individuelle lieben und suchen. Wer InterConti-Stil schätzt, wird hier nicht glücklich werden. 60 Prozent unserer Gäste kommen aus dem DACH-Raum, je nach Anbindung kann auch Großbritannien interessant sein. Auf jeden Fall sind fast 100 Prozent Individualgäste und großteils aus Europa. Das Haus kommt bei feinsinnigen Menschen und Künstlern sehr gut an. Es ist so, als würden kreative Menschen eine gemeinsame Sprache sprechen. Die Blaue Gans ist ideal für Menschen, die soetwas schätzen. Wir verwenden Naturmaterialien, alle Zimmer sind anders, alles ist ausgesucht.
Bei uns ist alles hangemacht. Die Möbel, das Essen – wir haben auch eine eigene Lebensmittelmanufaktur. Unser Koch hat lange auf zwei Hauben-Niveau gekocht. Auch er legt Wert auf das Handwerk und das Echte. Nur weil wir ein Kunsthotel sind, ist hier nichts artifiziell.
Was hat sich am Gästeverhalten in den letzten zehn Jahren geändert?
Die Menschen sind spontaner und buchen oft am Vortag. Man merkt, dass das Reisen durch die Digitalisierung kurzfristiger geworden ist. Das Anspruchsverhalten hat sich auch geändert. Noch mehr Wertigkeit hat gemeinsames Zeitverbringen bekommen.
Was sind Ihre drei Top-Salzburgtipps?
Für mich gehört zu einem perfekten Wochenende ein Besuch des Museums der Moderne dazu, das würde ich mit dem Walk of Modern Art verbinden. Ich würde das mit einem Besuch auf dem Wochenmarkt und einem Einkaufsbummel kombinieren. Schön ist es auch, sich bei uns im Hotel ein Rad zu leihen und vor die Tore der Stadt zu fahren, um sich in einem guten Landgasthaus ein Essen zu gönnen.
Und wenn Sie privat verreisen – ist da der Hotelier auf Urlaub oder haben Sie den immer im Hinterkopf?
Es ist weniger der Hotelier, es ist mehr so der Optimierer. Das habe ich aber nicht nur in Hotels, sondern in vielen verwandten Bereichen. Ich frage mich immer, warum Dinge sind, wie sie sind.
Was bringt Sie persönlich auf die Palme, wenn Sie privat verreisen?
Ich bin ein sehr pflegeleichter Gast. Ich habe viel Verständnis für Dinge, die nicht funktionieren. Ich fühle mich bei Dauerbeschallung mit nerviger Musik aber nicht wohl, oder wenn schlechte Materialien verwendet werden. Auf die Palme bringen mich eventuell MitarbeiterInnen, die in einer nicht adäquaten Weise mit Gästen umgehen. Das erlebe ich aber selten.
Weitere Informationen: www.blauegans.at