Ich und Essen – Beziehungsstatus: Es ist kompliziert. Also eigentlich nicht so sehr, zumindest für mich. Ich mag zum Beispiel Fleisch, das irgendwie schön aussieht (Speck, Burger) und nicht von einem Baby-Tier stammt (Lamm, Kalb). Aber nur dann, wenn ich gerade Lust drauf hab und die Beilagen stimmen. Meeresfrüchte hasse ich, weil ich nicht verstehe, wieso etwas, das wie Insekten aussieht, “Früchte” heißt. Mein Bruder hat mir mal gestanden, dass er die nur so gern isst, weil er Heuschrecken ekelhaft findet und den Verzehr von Shrimps, Garnelen und Co. als ultimative Rache empfindet. Ich mag Fisch, hin und wieder. Wenn er keinen Kopf mehr hat, ohne Gräten kommt und nicht gerade Pangasius heißt (Stäbchen, Sashimi, Sushi). Gemüse mag ich fast alles. Nein, falsch. An Gemüse mag ich alles. Ich liebe Nudeln und Reis. Und Couscous. Nun ist bei den meisten Einladungen zu Pressereisen ein kleiner Fragebogen zu beantworten, zB nach Unverträglichkeiten oder Allergien. Und dann kommen die Kastln zum Ankreuzen:
- Vegan
- Vegetarisch
- Fleisch
- Fisch (Vorsicht: Wer das ankreuzt, kriegt auch Meeres”früchte”)
Ein Kastl mit
- Alles, was nur noch rudimentär als Tier erkennbar ist (Burger-Patty, Fischstäbchen, Sushi, Speck), aber nur dann, wenn der Mond passt und mir gerade danach ist und die Beilagen gut klingen, aber auf keinen Fall Meeresfrüchte bitte danke
fehlt normalerweise. Ich habe also für mich beschlossen, dass es für alle Beteiligten am einfachsten ist, wenn ich auf Reisen einfach Vegetarierin bin. Und da bin ich nicht anspruchsvoll. Gebratener Reis mit Gemüse geht durchaus als Gourmet-Menü durch, im Zweifelsfall (wenn die Option Hamster oder Känguru heißt). Ich dachte wirklich, dass ich damit safe sei. Dann kam Bangkok. Dinnerfahrt auf einem Boot am Chao Phraya. Die Kellnerin kommt und bringt die Vorspeisen: Meeresfrüchte. Ich weise darauf hin, dass ich Vegetarierin sei und auch Fisch und Meeresfrüchte nicht essen würde. Die Thai-Frau sieht panisch aus, also versichere ich ihr, dass es vollkommen in Ordnung sei, wenn ich einfach etwas Reis und Gemüse haben könnte. Ich muss keine 7 Gänge zu Abend essen. Die Kellnerin nickt, sieht etwas beschämt aus und sagt: “No wollies, no wollies”, bevor sie verschwindet.
Als sie wiederkommt, stellt sie mir ein Töpfchen mit Suppe vor die Nase. Die anderen schlürfen schon Tom Yam Suppe, aus der Fühler ragen. Ich rühre sicherheitshalber in meiner Spezialausgabe um.
Die Kellnerin strahlt mich an: “Especially for you!”
Ich frage: “So what is it?”
Sie: “It’s chicken soup!”
Ich: “But I don’t eat meat!”
Sie: “It’s not meat.”
Ich: “It’s chicken!”
Sie: “Yes, chicken!”
Ich: “But chicken is meat.”
Sie: “No, it’s chicken!”
Um die Endlosschleife zu vermeiden, habe ich dann einfach danke gesagt, nochmal umgerührt und die Suppe dann meinen Kolleginnen vermacht. Und den Speck vom Frühstücksbuffet am nächsten Morgen habe ich sicherheitshalber unter einem Berg Rührei versteckt. Nicht, dass die Thais sich am Ende verarscht fühlen.