Ende des 18. Jahrhunderts klauten die Dänen den Begriff des Hygge (“Wohlbefinden”) und machten es zu einer Lebenseinstellung. Sie umfasst Geborgenheit, Zufriedenheit und Gemütlichkeit. Mitte der 2010er zog es auch hierzulande in den Sprachgebrauch ein: Als Lifestyle-Trend, der uns Entspannung im Alltag bringen soll. Die Finnen kommen jetzt mit Sisu um die Ecke. Wir haben uns angesehen, was Sisu ist und warum es uns glücklich machen kann.
Eine Frage der Einstellung
Ja, Winter in Finnland ist eine kalte Angelegenheit. Im Dezember ist es dabei mit Höchsttemperaturen von -6 °C noch am wärmsten, im Januar und im Februar wird es nicht wärmer als -8 °C. Dazu kommt die Tageslichtsituation in Finnland während der Wintermonate. Im Süden, zum Beispiel in Hesinki, ist es maximal fünf bis sechs Stunden hell. Und in Lappland, nördlich des Polarkreises, geht die Sonne im Dezember oft gar nicht auf. Während wenig Tageslicht bei uns zu schlechter Stimmung führt, begegnen die Finnen diesem Umstand mit Sisu.
Was Sisu ist, kann gar nicht so leicht übersetzt werden. Es braucht ein bisschen Erklärung, handelt es sich doch um ein kulturelles Konstrukt. Angeblich bringt es die innere Einstellung der Menschen aus Finnland zum Ausdruck und umfasst Begriffe wie Entschlossenheit, Mut, Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen und Handlungsorientierung. Sisu heißt, in schwierigen Situationen einfach zu machen, das beste aus einer Situation holen, extreme Herausforderungne zu meistern und dabei nicht darauf zu vergessen, die schönen Seiten des Lebens zu sehen.
Sisu in Ruka-Kuusamo üben
Die perfekte Gelegenheit, Sisu zu erleben und vielleicht selbst ein bisschen zu üben, gibt es in Finnisch Lappland. Denn dort gilt die Zeit der anhaltenden Dunkelheit als besondere Zeit. Schließlich reflektieren Schnee und Eis das Licht, der Himmel zeigt sich in allen Violetttönen und dank Mondschein und Nordlichtern ergibt sich eine einzigartige Stimmung. Nun könnten die Finnen einfach schlecht gelaunt vor dem Fernseher sitzen und auf März warten. Doch das wäre kein Ausdruck von Sisu. Stattdessen verbringen sie viel Zeit im Freien, versammeln sich um Feuerstellen und verabreden sich mit Familie und Freunden. Das Angebot an gemeinsamen Aktivitäten ist groß.
So begibt man sich zum Beispiel in die nahegelegenen Nationalparks Oulanka und Riisitunturi. Die berühmten Tykky-Bäume bilden spannende Kontraste zur verschneiten Polarlandschaft; mit Eiszapfen, Hängebrücken und Stromschnellen entsteht nicht nur das Gefühl von Abenteuer, sondern auch die perfekte Kulisse für alle, die gerne fotografieren. Top-Tipp: die Kiutaköngäs-Stromschnellen des Oulankajoki-Flusses im Oulanka Nationalpark. Ebenfalls wunderschön und stimmungsvoll, dabei noch einen Hauch romantischer, gestaltet sich eine Fahrt mit dem Rentierschlitten. Eingehüllt in warme Decken genießt man die vorbeiziehenden, tief verschneiten Wälder zum Glockengebimmle am Hals der Rentiere. Darf es etwas rasanter sein, wählt man als Gefährt einen Huskyschlitten.
Gemütliches Beisammensein
Sisu, das ist, wie schon erwähnt, auch Gemütlichkeit. Und das Zelebrieren von Gesellschaft. In Ruka-Kuusamo ist Licht in der dunklen Jahreszeit ein fester Bestandteil des Alltags. Vor allem in der Weihnachtszeit. Kerzen, feuerstellen, Laternen und andere Lichtquellen setzen simmungsvolle Akzente. Nach einer Schneeschuhwanderung oder Langlauftour gönnt man sich skandinavischen Glühwein, zum Beispiel an einem Kamin oder in traditionellen Kotas. Einige Unterkünfte bieten “Candlelight Evenings” mit regionalen Spezialitäten und Blick auf die verschneite Landschaft.
Ebenfalls dem Sisu zuträglich sind Wildfood-Dinners in Ruka-Kuusamo. Sie verbinden regionale Küche mit traditioneller, gemütlich-rustikaler Atmosphäre. Dabei serviert man gegrillte Forelle, Rentierfilet, Waldpilze und Beeren aus der Natur Lapplands. Selbst fleischlose Wild-Dinner werden angeboten. Wildout zum Beispiel bereitet aus Kräutern, Beeren und Pilzen hervorragende Piroggen zu. Die finnische Sauna-Vorliebe tut ihr Übriges dazu, Wärme in die kalte Jahreszeit zu bringen. Fest steht: Ein Besuch in Ruka-Kuusamo lohnt sich allemal, auch und vor allem im Winter. Und wenn wir dabei auch noch ein bisschen Sisu lernen, hilft uns das vielleicht auch, dieses Jahr dem Winterblues ein Schnippchen zu schlagen.
