Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass ich fasziniert von der Welt der Düfte bin. Vor allem die Haute Parfumerie hat es mir angetan. Wer sich ein wenig für Parfums interessiert, wird früher oder später auf den Namen Pauline Rochas stoßen. Und selbst, wer vielleicht nichts mit der edlen Kunst der Parfumerie anfangen kann, hat vielleicht zumindest unterbewusst schon mit ihren Kreationen zu tun gehabt.
Wonach riecht es hier?
Die gebürtige Französin zählt nämlich zu den bekanntesten Parfumeurinnen unserer Zeit. Sie ist gefragte Kreativdirektorin und entwirft unter anderem unverwechselbare Düfte für außergewöhnliche Luxushotels. Wer die Lobby des Hotel Imperial sowie des Hotel Sacher in Wien betritt oder etwa durch das Renaissanceschloss Rosenburg in Niederösterreich wandelt, bekommt seine persönliche Dosis Pauline Rochas ab. Denn wie viele renommierte Häuser und Stores aus dem Luxussegment setzt man auch hier auf ihre Werke.
Dass gute Düfte nicht nur für ein angenehmes Ambiente sorgen, sondern auch die Art und Weise verändern können, wie wir uns selbst fühlen oder die Welt rund um uns wahrnehmen, ist schließlich längst bekannt. Maßgeschneiderte Duftmarken erhöhen den Wiedererkennungswert, können die Stimmung eines Ortes deutlich verändern und bauen eine emotionale Verbindung auf. Doch Raumdüfte sind längst nicht das Einzige, womit sich Pauline Rochas beschäftigt.
The Seven Collection & Nocturnal
Ihre Karriere begann die Französin als Fotografin in den USA, wo sie nach ihrer Ausbildung das Atelier Coolife gründete. Ziemlich schnell wurde sie in der Beautywelt für ihre Still-Lives bekannt. Vielleicht half ihr Nachname dabei etwas. Denn wer über Pauline Rochas schreibt, kommt nicht umhin, auch deren Großeltern zu nennen. Opa Marcel Rochas schuf 1948 das ikonische Parfum “Femme” zu Ehren seiner Frau und Muse Hélène. Über Umwege schlug Pauline schließlich ebenfalls den Weg in die Welt der Düfte ein. Erfolge feierte sich nicht nur mit ihrer Arbeit Hinter den Kulissen für bereits renommierte Brands, sondern auch mit ihrer ersten eigenen Parfum-Kollektion The Seven Collection, die zahlreiche Preise gewann.
Kürzlich stellte sie in Wien ihr neuestes Werk, Nocturnal, vor. Während all ihre Düfte sehr eigene Persönlichkeiten und Nischenparfums sind, haben sie doch eines gemeinsam: “Für mich beginnt die Komposition emotional”, sagt Pauline Rochas. “Ich starte oft mit einem Gefühl oder einer Erinnerung und wähle dann die Komponenten, die diese Emotion hervorrufen. Der Prozess ist eine Mischung aus Intuition und akribischer Präzision – eine Balance zwischen Kunst und Wissenschaft der Parfümerie.”
Dass auch in der Welt der Düfte KI immer größere Bedeutung gewinnt, gibt sie unumwunden zu: “Sie wird genutzt, um Dufttrends vorherzusagen, Verbraucherpräferenzen zu analysieren und neuartige Duftkombinationen vorzuschlagen, die eine menschliche Nase vielleicht nicht in Betracht ziehen würde. Rochas betrachtet künstliche Intelligenz als ein Werkzeug, das die Palette des Parfumeurs erweitert.
Im Spannungsfeld aus Trend und Zeitlosigkeit
Aktuell erkennt sie einen Trend zu handwerklich hergestellten und maßgeschneiderten Düften, die Individualität betonen. “Zudem gewinnt die Verwendung natürlicher und nachhaltiger Inhaltsstoffe zunehmend an Bedeutung, was einen allgemeinen gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Umweltbewusstsein widerspiegelt.”
“Ein zeitloser Duft ist wie ein großartiges Musikstück oder ein Kunstwerk – er überdauert Trends. Er verbindet seine Noten in einer Weise, die Menschen unterschiedlichster Generationen und Kulturen anspricht und weiterhin Emotionen weckt sowie Erinnerungen schafft. “
Pauline Rochas
Dass Rochas die Macht, die Düfte auf Emotionen haben, fasziniert, wird damit einmal mehr deutlich. Für sie persönlich ist es das Geißblatt, dass einen besonderen Platz in ihrem Herzen hat. Sein zarter, intensiver Duft erinnert sie an den Garten ihrer Großmutter, in dem sie viele kostbare Momente verbracht hat. “Geißblatt ist für mich eine olfaktorische Verkörperung von Nostalgie und Liebe.” Wer nachschnuppern will: Le Chèvrefeuille von Goutal oder Bloom von Gucci tragen deutliche Noten von Geißblatt (Honeysuckle).
Ein Duft, der Pauline Rochas ebenfalls besonders bewegt, ist jener der Mitternachts-Datura: “Kürzlich habe ich ein Parfüm gerochen, das mich zu Tränen rührte, da es mich unmittelbar an meine Großmutter in Südfrankreich erinnerte. Aufgewachsen in der Landschaft von Bordeaux, bewahre ich auch die Erinnerung an den Weinkeller, den „Chais“, in dem die vermischten Aromen von Trauben und Korken ein Fest für die Sinne waren. Sein Duft inspiriert und tröstet mich bis heute.“
Wie riecht Wien?
“Mich faszinieren auch die Frische der Verbene, die Üppigkeit von Brombeersträuchern, die klare Salzluft des Meeres und die reichen Aromen von Moschus und Amber auf den Märkten von Marrakesch“, verrät Pauline Rochas. Jeder Ort hat so also seine ganz eigene Duftsignatur. Aber wie riecht Wien? “Wien webt ein aromatisches Mosaik, geprägt vom Duft frisch gebrühten Kaffees aus traditionellen Cafés, der Süße der Sachertorte und der erdigen Atmosphäre der weitläufigen Parks und barocken Gärten der Stadt. Dieses Duftbild wird durch die holzigen Noten der historischen Architektur und gut erhaltenen kaiserlichen Paläste unterstrichen.“
Ihr neuestes Werk, Nocturnal, ist damit im Grunde eine üppige, vielschichtige Ode an die Stadt. Er ist mystisch-intensiv, kommt mit Noten von Moschus, Tonkabohne, Amber, Vanille und Wildleder und funkelt aus jeder Perspektive anders. Die Inspiration dafür holte sie sich bei nächtlichen Joggingrunden durch die Stadt. Wahrscheinlich ist ihr damit ein außergewöhnliches Parfum gelungen; sie selbst definiert ein solches nämlich als “eine Komposition, die sowohl komplex als auch harmonisch ist und durch ihre Einzigartigkeit heraussticht. Ein außergewöhnliches Parfum erzählt eine Geschichte, berührt persönlich und ruft Emotionen sowie Erinnerungen hervor.”
Ein olfaktorisches Denkmal
Würde Rochas ein Parfum für eine historische Persönlichkeit kreieren, wäre es Kleopatra: “So vielschichtig und kraftvoll wie sie selbst.” Es sind verführerische Noten von Feige und Honig, die mit exotischem Weihrauch kombiniert ihre Herrschaft im antiken Ägypten wiederspiegeln könnten. Und ein olfaktorisches Denkmal? Das wäre der Kunst der Parfumerie gewidmet: “Ein Duft, der die Hingabe, Kreativität und Leidenschaft dieses Handwerks verkörpert. Er würde klassische und moderne Elemente vereinen, um die Vergangenheit zu ehren und gleichzeitig die Zukunft zu antizipieren.”
Pauline Rochas gefeierte Duft-Serie “The Seven Collection” und das außergewöhnliche neue Nocturnal, übrigens alle unisex Düfte, sind online auf ihrer Website und in der St. Charles Apotheke in Wien erhältlich.