Seit Oktober 2022 ist der gebürtige Schweizer Laurent Myter Group General Manager der The Anam Group. Man sieht es ihm nicht an, aber er kann mittlerweile auf über 30 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der Hospitality Industrie verweisen. Während seiner bisherigen Laufbahn war er 23 Jahre lang für YTL Hotels in Malaysia – und von dort aus verantwortlich für 12 Hotels und Resorts in Südostasien und Frankreich. Auch Tätigkeiten als Executive Director und Präsident des internationalen Hotelberater-Boards der Small Luxury Hotels of the World gehören zu seinem Portfolio. Bei The Anam war er für die beiden Eröffnungen der 5-Sterne-Häuser The Anam Cam Ranh und The Anam Mui Ne verantwortlich und wird auch die Geschicke zweier weiterer Häuser in der Pipeline lenken. Im Interview erzählt uns der sympathische Laurent Myter, was ihn bewegt.
Vietnam boomt unter den europäischen Reisenden momentan. Haben Sie eine Idee, woran das liegen könnte?
Laurent Myter: Vietnam zieht europäische Reisende an, weil es eine faszinierende Kombination aus reicher Kultur, atemberaubenden Landschaften und köstlicher Küche bietet. Das Land ist zudem historisch mit dem Vietnamkrieg verbunden, was viele Menschen neugierig macht, besonders durch die zahlreichen Hollywoodproduktionen, die dieses Kapitel beleuchten. Die Visa-Politik hat sich ebenfalls verbessert, mit der Möglichkeit des ‘Visa upon Arrival’ [Anmerkung: Nicht gültig für Reisende aus Österreich!] für viele europäische Länder, was den Zugang erleichtert. Vietnam Airlines eröffnet neue Flugrouten ab München und bald auch von Mailand, was die Erreichbarkeit weiter erhöht. Darüber hinaus haben Investitionen in die Infrastruktur und die Verbesserung der touristischen Dienstleistungen zu diesem Aufschwung beigetragen. Vietnam bietet zudem ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis, was für viele Reisende besonders attraktiv ist.
Das Angebot luxuriöser Hotels steigt auch in Vietnam. Was macht Ihrer Meinung nach The Anam Cam Ranh und The Anam Mui Ne so besonders?
Laurent Myter: The Anam Mui Ne und The Anam Cam Ranh zeichnen sich durch ihren einzigartigen vietnamesischen Charme und ihre authentische Gastfreundschaft aus. Als lokale Hotelkette bieten wir internationale Standards, ohne das Gefühl einer anonymen Großkette, in der man in einem Zimmer eincheckt, das überall gleich aussehen könnte. The Anam Mui Ne gehört zu den ‘Small Luxury Hotels’, was einen zusätzlichen Garantienstempel für unser Engagement für exzellenten Service darstellt. Wir legen großen Wert auf personalisierten Service und integrieren nachhaltige Praktiken in jeden Aspekt unseres Angebots. Darüber hinaus konzentrieren wir uns auf kulturelle Erlebnisse und sorgfältig gestaltete Umgebungen, die uns von anderen Luxushotels abheben.
Welcher Aspekt Ihrer Arbeit macht Ihnen am meisten Spaß?
Laurent Myter: Am meisten Freude bereitet mir die Förderung des Personals. Über meine 33-jährige Karriere habe ich viele Mitarbeiter unterstützt, die heute in Spitzenpositionen in Asien tätig sind. Ich denke, dass ich einen kleinen Beitrag zu ihrem Erfolg geleistet habe. Auch die Interaktion mit unseren Gästen und das Schaffen unvergesslicher Erlebnisse machen mir große Freude. Es ist wunderbar zu sehen, wie unsere Bemühungen dazu beitragen, ihre Erwartungen zu übertreffen und positive Erinnerungen zu schaffen.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Laurent Myter: Mein Führungsstil ist kollaborativ und unterstützend. Ich glaube an offene Kommunikation und ermutige mein Team, ihre Ideen und Vorschläge einzubringen. Empowerment ist für mich von großer Bedeutung. Es ist wichtig, eine positive Arbeitsumgebung zu schaffen, in der sich jeder geschätzt fühlt.
Denn jeder hat die Chance, mit kleinen Gesten den Aufenthalt der Gäste zu personalisieren und zu verbessern. Ich sage immer, niemand kennt den Gast besser als ein Zimmermädchen oder ein Kellner, und diese Mitarbeiter haben die Möglichkeit, durch ihr Wissen den Aufenthalt der Gäste noch angenehmer zu gestalten.
Wie haben sich die Ansprüche von Reisenden in den letzten Jahren verändert?
Laurent Myter: Die Ansprüche der Reisenden sind gestiegen, insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeit und Authentizität.
Immer mehr Reisende suchen nach kleineren Strukturen mit persönlichem Service.
Sie sind zunehmend auf der Suche nach Erlebnissen, die nicht nur luxuriös, sondern auch kulturell bereichernd und umweltfreundlich sind. Das Bewusstsein für die Auswirkungen des Reisens auf die Umwelt hat ebenfalls zugenommen, weshalb viele Gäste verantwortungsbewusste und nachhaltige Optionen bevorzugen.
Stichwort Nachhaltigkeit: Wie wichtig ist sie für Gäste wirklich? Was tut The Anam in dieser Hinsicht?
Laurent Myter: Wie gesagt, Nachhaltigkeit wird für Gäste zunehmend wichtiger. Bei The Anam setzen wir auf umweltfreundliche Praktiken. Wie die Verwendung lokaler Produkte, Energieeffizienz und die Förderung von Initiativen zur Erhaltung von Kultur und Natur. Wir verwenden kein Plastik in unseren Gästeannehmlichkeiten und betreiben eine hauseigene Abfüllanlage für Wasser, wobei wir Glasflaschen in den Gästezimmern nutzen. Unser Mobiliar beziehen wir aus nachhaltig bewirtschafteten Holzplantagen vor Ort. Darüber hinaus installieren wir derzeit Solarpanels in beiden Resorts, um unsere Energieunabhängigkeit zu maximieren. Wir bieten unseren Gästen außerdem die Möglichkeit, an nachhaltigen Aktivitäten teilzunehmen, um das Bewusstsein für umweltfreundliches Reisen zu fördern und gleichzeitig unvergessliche Erlebnisse zu schaffen.
Wo sehen Sie Chancen und Grenzen für KI am Hospitality-Sektor?
Laurent Myter: Wo sehen Sie Chancen und Grenzen für KI am Hospitality-Sektor?
Mein Motto ist: “Automatisiere das Vorhersehbare, damit du das Außergewöhnliche menschlicher gestalten kannst”. Die Chancen für KI im Hospitality-Sektor liegen vor allem in der Verbesserung des Kundenservice, beispielsweise durch den Einsatz von Chatbots und personalisierten Empfehlungen. Gleichzeitig bestehen jedoch Grenzen, insbesondere wenn es um den menschlichen Faktor geht, der in der Luxushotellerie unverzichtbar ist. Es ist entscheidend, das richtige Gleichgewicht zwischen Technologie und persönlichem Service zu finden.
Mit welchen Herausforderungen wird sich die Reisebranche künftig vermehrt auseinander setzen müssen?
Laurent Myter: Die Reisebranche wird sich verstärkt mit Themen wie nachhaltigem Reisen und den Auswirkungen des Klimawandels auseinandersetzen müssen. Besonders der Klimawandel hat das Potenzial, verheerende Auswirkungen auf bestimmte Destinationen zu haben. Bereits jetzt beobachten wir, dass Strandresorts durch Erosionen ihre Strände verlieren und Skigebiete mit schwindenden Schneeverhältnissen kämpfen müssen. Darüber hinaus ist die Anpassung an sich schnell ändernde Reisetrends und Kundenbedürfnisse eine stetige Herausforderung.
Was unterscheidet europäische von vietnamesischen Gästen?
Laurent Myter: Europäische Gäste bleiben in der Regel länger, häufig zwischen 3 und 7 Tagen. Sie schätzen oft den Komfort, den Service und das Klima. Vietnamesische Gäste hingegen kommen in der Regel für Wochenendaufenthalte und verbringen weniger Zeit in Resorts. Stattdessen ziehen sie es vor, auszugehen, lokale Restaurants zu besuchen oder Familie und Verwandte zu treffen. Zudem muss ich erwähnen, dass lokale Gäste oft sehr anspruchsvoll sind und weniger nachsichtig im Vergleich zu internationalen Reisenden. Dieses Verhalten ist jedoch nicht nur in Vietnam zu beobachten; ähnliche Verhaltensweisen lassen sich auch in vielen Ländern Südostasiens erkennen, wo die Einheimischen häufig weniger nachsichtig sind. Beide Gruppen haben einzigartige Erwartungen, die wir zu schätzen wissen und die wir differenziert bedienen.
Sie sind bestimmt auch oft in Saigon. Was sind Ihre drei Top-Tipps für den ersten Besuch in der Stadt?
Laurent Myter: Ich habe nicht viele touristische Aktivitäten unternommen, aber ich empfehle unbedingt den Independence Palace in Saigon – er ist wirklich beeindruckend. Die Cu Chi-Tunnel sind ebenfalls faszinierend und bieten einen interessanten Einblick in die Geschichte. In den letzten fünf Jahren hat sich Saigon zudem zu einer kulinarischen Hochburg in Südostasien entwickelt. Für köstliche Backwaren empfehle ich “SOKO Bake & Brunch”. Wenn Sie eine großartige Phở genießen möchten, sollten Sie “Phở Hòa Pasteur” besuchen. Ein perfekter Ort für einen Drink vor dem Abendessen ist “Madam Kew”, gefolgt von einem Abendessen im “Quince”. Zum Abschluss des Abends empfehle ich die “OAKSIP Bar”, wo Sie die besten Negronis der Stadt bekommen. Saigon ist eine so lebendige und energiegeladene Stadt, die einfach begeistert.
Welche Destination steht noch auf Ihrer persönlichen Bucket-List – und warum?
Laurent Myter: Ich habe drei Destinationen, die mir besonders am Herzen liegen: Laos mit Luang Prabang, Bhutan und Havanna, Kuba. Ich bin überzeugt, dass mir all diese drei Destinationen das Gefühl einer Zeitreise und eine echte Authentizität vermitteln würden.
[…] Laurent Myter: Der GM von “The Anam Resorts” im Interview […]