Nun ist die Wahl in den USA geschlagen und an Präsident Trump führt wohl kein Weg vorbei. Während sich die ersten direkten Auswirkungen vor allem im Bereich der Krypto-Märkte auch in Europa niederschlagen (und das auf durchwegs positive Weise), stellt sich bei manchen die Frage ob sie 2025 in die USA reisen wollen oder den Zeitraum der Trump’schen Präsidentschaft boykottieren sollen. Ihn wird’s wohl kaum jucken. Aber wie wirkt sich die Trump auf den Tourismus allgemein aus? Amerika-Spezialist Timo Kohlenberg, CEO des Spezialreiseveranstalters für die USA und Kanada America Unlimited, gibt seine Einschätzung ab:
Besonders politisch Interessierte erwägen, USA-Reisen während der Trump’schen Präsidentschaft zu canceln. Befürchten Sie einen drastischen Rückgang der USA-Buchungen?
Timo Kohlenberg: “Nein, es mag eventuell direkt nach der Wahl eine kurzfristige Zurückhaltung geben. Aber ich gehen nicht davon aus, dass sie lange anhält. Das sind die Erkenntnisse von Trumps erster Amtszeit von 2017 bis 2021. Die Nachfrage nach USA-Reisen hat sich bis zum Ausbruch von Corona nicht signifikant verändert.”
Allerdings wusste man damals noch nicht, wie ernst er es mit „America First“ meint, und welche bedrohlichen Auswirkungen seine protektonistische Handelspolitik hat.
Kohlenberg: “Das ist richtig und man wusste auch vieles andere über Donald Trump noch nicht. Trotzdem glaube ich nicht, dass seine Wiederwahl das Reiseverhalten der Menschen nachhaltig beeinflussen wird. Viele unserer Gäste sind eingefleischte USA-Fans, die sich ihren Urlaub nicht durch Trump vermiesen lassen. Außerdem – und das wird für viele das entscheidende Argument sein – ist ein USA-Urlaub im Vergleich zu anderen Fernreisezielen kostengünstiger. Die Preise für Amerika-Reisen, die in der Vergangenheit stark gestiegen sind, entwickeln sich wieder nach unten. Das kurbelt das Geschäft an und zeigt sich deutlich in der Nachfrage. Wir verzeichnen aktuell im Vergleich zum Vorjahr bei den Buchungseingängen ein Plus von 25 Prozent.”
Was könnte die Nachfrage nach USA-Reisen denn einbrechen lassen?
Kohlenberg: “Der wichtigste Grund, warum sich Menschen gegen ein Urlaubsziel entscheiden, ist die Sicherheit. Ist sie bedroht, egal ob durch Terroranschläge oder gesundheitliche Risiken, meiden die Urlauber das Land oder die Region. Und je nach Vorfall und Gefahrenlage braucht es Zeit, bis sich das wieder ändert. Ansonsten vergessen die meisten Menschen schnell – auch eigene Vorsätze, etwa wegen Trump nicht in die USA zu reisen.”
Buchtipp
Der wunderschön gestaltete Bildband “Atlas der Reiselust USA” von Philipe Gloaguen entführt an bekannte Orte und unbekannte Ecken. Er liefert Inspirationen für ein ganzes Leben. Erschienen im DuMont Verlag.
Was ändert sich für Reisende durch Trump konkret?
Zwar wird Donald Trump erst im Januar offiziell als US-Präsident vereidigt und vieles liegt noch im Unklaren, vor allem, was den Tourismus betrifft. Da es aber ja nicht seine erste Amtszeit ist, können wir zumindest einen Blick in die Kristallkugel wagen und schon jetzt halbwegs valide Vermutungen anstellen. Während seiner ersten Amtszeit führte Trump restriktivere Einreisebestimmungen inklusive “Travel Bans” für Einreisen aus bestimmten Ländern ein. Es ist durchaus möglich, dass diese wieder aufgenommen werden.
Für Reisende aus der EU ändert sich aber höchstwahrscheinlich nichts. Nach wie vor ist die Beantragung des ESTAs unkompliziert online erforderlich. Zusätzlich etwas Geduld bei der Einreise an größeren Flughäfen. Das war’s dann aber auch schon. Wird der Dollar jedoch wieder stärker, worauf einiges hindeutet, würden die Reisekosten steigen. Unsere Kontakte vor Ort berichten, dass das gesellschaftliche Klima angespannt sei und sich einige Reisende augrund politischer Spannungen möglicherweise weniger willkommen fühlen könnten. So ist vor allem seine ablehnende Haltung gegenüber der LGBTQ+ Gemeinschaft verachtenswert.
Wie empfinden Menschen vor Ort die Stimmung nach der Wahl?
Gerald Riedler, der in den USA für unterschiedliche Unternehmen im Bereich Creative Consulting & Collaborations tätig ist und in New York City lebt über die Stimmung in der Stadt:
“Das generelle Gefühl seit dem Wahlergebnis: Die erste Woche nach der Wahl war wirklich anstrengend. “Anxiety” (Angst) war ein oft genutztes Wort, aber das traf es nicht ganz. Die New Yorker wussten, was sie erwarten würde – viele hatten ja bereits erlebt, wie es unter Trump war. Doch das Bewusstsein, dass es diesmal noch schlimmer kommen könnte, verbreitete eine tiefere Sorge. Die ersten Tage waren geprägt von intensiven Gesprächen und dem Setzen persönlicher Grenzen. Man musste sich immer wieder fangen, weil das kollektive Gefühl der Besorgnis und Unsicherheit wirklich intensiv war. Es gab schwache Tage, an denen man die Erschöpfung deutlich spürte, aber auch starke Momente, in denen man sich gegenseitig stützte.
Ein positiver Aspekt war, dass es endlich Klarheit gab – auch wenn diese nicht gerade erfreulich war. Eine Woche später ist die Stimmung in New York weniger angespannt. Viele Menschen distanzieren sich von den Medien und suchen verstärkt den Austausch in ihren Communities. New York ist ja ohnehin eine liberale Blase mit ähnlichen Überzeugungen. Die Stadt ist progressiv und lösungsorientiert. Diese Haltung wird jeden Tag stärker, und man fühlt sich in dieser Blase gut aufgehoben. Man schöpft wieder Hoffnung und sieht wieder Licht.
Natürlich weiß man, dass es nicht einfach wird, aber man hat das Gefühl, dass es wieder besser werden kann. Es ist ein schönes Gefühl, in einer Stadt zu leben, die an eine gemeinsame, starke Zukunft glaubt – ein Paradebeispiel für ein funktionierendes Zusammenleben der unterschiedlichsten Lebenserfahrungen, Kulturen und Perspektiven. New York bleibt – wie immer – ein Paradebeispiel für die Welt.”
Beitragsbild: © Chad Stembridge, Unsplash