Freunde hochprozentiger Spirituosen haben beim Gedanken an Whisky wohl zu allererst Schottland vor Augen. Tatsächlich hat das kleine Land über 130 aktive Destillerien. Kein Wunder, schließlich gilt Schottland als die Heimat von Whisky. Rund 20 Prozent der Weltproduktion kommen aus dem hohen Norden. Doch auch die USA verfügen über eine beachtliche Whisky-Produktion. Vor allem Kentucky kennt man in diesem Zusammenhang. Hier stellt man pro Jahr mehrere Millionen Gallonen des “Feuerwassers” her. In Nevada gibt es gerade einmal drei Brennereien. Einer davon, der Frey Ranch Distillery, sollte man unbedingt einen Besuch abstatten.
Der kleine Unterschied
Zur Erinnerung: Für Laien sind Bourbon, Whiskey und Whisky im Grunde oft dasselbe. Wer sich für die Feinheiten interessiert, weiß aber, dass man mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten auch unterschiedliche gesetzliche Anforderungen an den Produktionsprozess verbindet. Dadurch ergeben sich auch geschmackliche Unterschiede. Der Begriff Whiskey ist in den USA und in Irland geläufig.
Auf das “e” verzichtet man in Kanada, Japan und Schottland. Letzteren nennt man auch Scotch. Er muss per definitionem in Schottland aus gemälzter Gerste und Wasser hergestellt werden und drei Jahre im Eichenfass reifen. Irischer Whiskey wird dreifach destilliert. Dadurch ist er in der Regel weicher. Bourbon hingegen ist eine Unterart des amerikanischen Whiskeys. Damit er diese Bezeichnung tragen darf, muss er mindestens 51 Prozent Mais enthalten. Er lagert in neuen, verkohlten Eichenfässern.
Roadtrip zur Frey Ranch Destillerie
Während die Las Vegas Destillery in Henderson die erste Craft Destillery war und The Depot Craft Brewery & Distillery in Reno in einem historischen Eisenbahn-Gebäude angesiedelt ist, kommt der Frey Ranch Distillery im gottverlassenen Fallon eine besondere Bedeutung zu. Denn sie ist die einzige Brennerei, die nicht nur “from grain to glass” produziert. Sondern “from field to glass”, wie uns Jesse bei einer privaten Verkostung erzählt. Denn anders als in anderen Destillerien kauft man hier die gemälzte Gerste nicht zu. Man baut sie höchstpersönlich selbst an. Auf unserem Weg vom 117 km entfernten Reno sind wir an endlosen Feldern vorbei gekommen. Außer schnurgeraden Straßen und Farmland gibt es hier weit und breit nichts. Wir sind praktisch durch Whiskey-Felder gefahren.
So rau und unwirtlich die Landschaft hier im Norden Nevadas auch scheinen mag, so herzlich werden wir an der Frey Ranch Distillery begrüßt. Während wir bereits an unserem ersten Verkostungsgläschen nippen, erzählt uns Jesse von den Anfängen der Ranch. So stammt der derzeitige Eigentümer Colby Frey aus einer langen Generation von Farmern. Sein Ururgroßvater legte den Grundstein für das Erbe der Familie im Jahr 1854. Im Jahr 1920 zog die nächste Generation nach Fallon. In jenem Farmhaus, das Architekt Frederick DeLongchamps 1918 entwarf und das heute eine “registered historical site” ist, kamen bereits Colbys Großvater und Vater zur Welt.
Colbys Vater entschloss sich, statt Mais Wein anzubauen, weil dafür weniger Wasser benötigt wird. Ein Umstand, der in einer derart trockenen Region wie Nevada nicht von Nachteil ist. Allerdings erwies sich das Unternehmen als wenig erträglich. Die Ernte blieb gering, die Preise, die Charlie Frey für seinen Wein verlangen konnte, waren niedrig. Als schließlich Colby Frey das Unternehmen zum Marktpreis von seinem Vater kaufte, war er an der Reihe. Und der erste Schritt in Richtung Whiskey Destillerie in Nevada war getan.
Buchtipp
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Über Gin zum Whiskey
“Ich dachte mir, ich mag Whiskey mehr als Wein. Warum also nicht die Feldfrüchte mashen, mahlen, destillieren und in Alkohol umwandeln?”, erzählt Colby. Obwohl er schon als kleiner Junge auf der Farm gearbeitet hatte, war es dann doch nicht so einfach. Denn obwohl er und seine Frau Ashley bereits 2006 die Farm in eine Destillerie umwandelten und die Lizenz zur Whisky-Erzeugung erhielten, konnten sie aufgrund der Gesetzeslage in Nevada und der Bürokratie des Bundesstaates erst 2013 damit beginnen, die ersten Batches reifen zu lassen. In den Handel kamen die ersten Whiskeys der Frey Ranch daher erst im Jahr 2019.
Verloren war die Zeit dazwischen natürlich nicht. Denn zwischenzeitlich produzierte man Gin und Vodka. Und die Freys lernten jede Menge über die einzelnen Schritte der Whiskeyherstellung. So kommt es, dass heute das Getreide die Farm nicht verlässt, bis es in seiner flüssigen Form in einer der wunderschönen Flaschen gelandet ist: Zunächst wächst es auf der Farm; hier durchläuft es auch alle weiteren Schritte des Herstellungsprozesses. Nach der Ernte wird es gemahlen und anschließend gemaischt. Also mit warmem Wasser vermischt. Schließlich kommen direkt vor Ort Hefebakterien in die Tanks dazu, um den Gärprozess zu vollziehen. Im letzten Schritt trennt man den Alkohol und die Geschmacksbetandteile durch Destillation von Wasser.
Nachhaltigkeit und Qualität
Anschließend kommt das Destillat in Eichenfässer. Darin lagert der edle Tropfen schließlich mehrere Jahre. In dieser Zeit nimmt der Whisky die Aromen aus dem Holz auf. Das ist der Grund, weshalb man oft Noten von Vanille, Karamell oder Rauch schmecken kann. Vor der Abfüllung, die ebenfalls in einer Halle direkt auf der Ranch erfolgt, verdünnt man das Destillat, um die gewünschte Alkoholstärke zu erhalten. Derzeit produziert die Frey Farm pro Jahr etwa 140.000 Flaschen. Allerdings ist die Nachfrage so hoch, dass die Freys immer weiter ausbauen. Selbst die Abfüllung, das Bekleben mit Etiketten und das gesamte Marketing erfolgen direkt vor Ort.
Als einzige Whiskey Destillerie in Nevada und eine von nur wenigen im ganzen Land hält die Frey Ranch Destillery während des gesamten Produktionsprozesses alle Fäden in der Hand. Mitarbeiter Jesse erklärt, dass dadurch besonders hohe Qualität und nachhaltige Praxis garantiert werden kann. Der Erfolg gibt dem Unternehmen recht. Denn die unterschiedlichen Whiskeys wurden bislang vielfach ausgezeichnet. Wer sich selbst ein Bild vom Unternehmen machen und die ein oder andere Köstlichkeit vor Ort erstehen möchte, kann das nach Reservierungjeden Samstag im Rahmen einer gratis Verkostung tun. Tipp: Der Shop hält duftende, wunderschöne Kerzen und wahnsinnig feines Beef Jerky mit Frey Ranch Whiskey-Note für alle vorrätig, die mit Whiskey in seiner flüssigen Form nicht so viel anfangen können.