Warum sich ein Citytrip auch während der heißen Tage lohnt.
Prag/Tschechien. Während die meisten Menschen an den heißen Tage im Sommer lieber aufs Land fliehen, zieht es uns in die Stadt, genauer gesagt: nach Prag. Die quirlige Metropole ist in der Ferienzeit nicht nur wesentlich ruhiger, sondern bietet dank vieler schattiger Hinterhöfe, Parks und Aktivitäten am Wasser auch viel Abkühlung. Ein Lokalaugenschein.
“Es ist ein Nervenkrieg. Da gibt es keine Gewinner. Reinfahren, links und rechts gleichzeitig im Auge behalten, den Rückspiegel nicht vergessen, nicht schneller als 5 km/h drauf haben, auf Radfahrer achten und die Straßenbahn berücksichtigen”, instruiere ich den Autofahrer in unserer Reisegruppe, bevor wir ins Stadtzentrum von Prag kommen. Allzu lebhaft erinnere ich mich an meinen ersten Besuch in der Hauptstadt, der mehrere Male nur glimpflich ausgegangen ist. Damals habe ich so einigen Touristen, die sich lebensmüde einfach vor mein Auto warfen, selbiges – also das Leben – gerettet, indem ich von eh nur 5 km/h auf 2 abgebremst habe. Viele Runden habe ich damals auf der Suche nach einem Parkplatz ums Hotel gedreht, ich war kurz davor, meinen Besuch abzublasen und wieder nach Hause zu fahren. Doch dann wurde ich vom aufmerksamen Concierge des Hotel Falkensteiner Maria Prag (www.falkensteiner.com) erlöst – er hat mich erspäht und in einen versteckten Innenhof auf einen Privatparkplatz, also quasi ins Paradies, dirigiert. Unserem Fahrer, ein Ersttäter in Sachen Prag, möchte ich mit genauen Instruktionen viele graue Haare ersparen. Doch das muss ich nicht, denn Prag überrascht mich mal wieder aufs Neue. Es ist wesentlich ruhiger als im Frühling und Herbst und der Verkehr deutlich angenehmer. Fragend blicken mich drei Augenpaare an. Was soll ich machen, ich wollte ja nur helfen. Nur Anfänger fahren in Prag mit dem Auto.
So absurd wir anfangs die Idee fanden, uns während der heißesten Jahreszeit in eine Großstadt zu begeben, so schnell überzeugt uns schon das Verkehrsargument vom Gegenteil. Sicher, wir hätten auch mit dem Zug kommen können (Sparschiene Angebote der ÖBB gibt’s schon ab 14 Euro ab Wien), schließlich ist das Öffi-System in Prag gut ausgebaut und der Bahnhof in Fußnähe zum Wenzelsplatz, aber dafür waren wir einfach zu spät dran – und einige von uns auch mit zu viel Gepäck unterwegs. Apropos Öffi-System: So gut es auch sein mag, im Sommer widmet man sich hingebungsvoll der Renovierung selbigen, weshalb es durchaus vorkommen kann, dass Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen umgeleitet werden – in Richtungen, die Nicht-Tschechen absolut nichts sagen. Wir haben deshalb beschlossen, so viel wie möglich zu Fuß zu unternehmen und Uber zu nutzen. Letzteres funktioniert in Prag bemerkenswert gut und günstig.
Sightseeing
Es ist heiß, richtig heiß. Mit Wasserflaschen in den Taschen machen wir uns zu Fuß von unserem Hotel (es ist erneut das Falkensteiner Maria Prag) auf den Weg in die Innenstadt. Begleitet werden wir dabei von unserer privaten Stadtführerin Frau Judith Šafaříková (über www.prague.eu). Sie hat sich schon im Vorfeld erkundigt, was wir gerne sehen möchten und überrascht uns mit ihrem nicht enden wollenden Wissen über (scheinbar) jedes einzelne Haus in ganz Prag. Vom Hotel geht es über den Wenzelsplatz, der für die Stadt einige politische Bedeutung hat, in Richtung Altstadt. Frau Judith erzählt von der Massenkundgebung Václav Havels und Alexander Dubceks und den studentischen Protesten 1969. Wir sind gebannt von ihrer Erzählung, aber auch vom Platz an sich. Denn die prächtigen Hausfassaden und Geschäfte, die genauso auf der Wiener Mariahilfer Straße zu finden sind, lassen jeden Gedanken an die kommunistische Vergangenheit des Landes verblassen.
Wir folgen den kopfsteingepflasterten Straßen und hängen an Frau Judiths Lippen. So nebenbei fällt auf, dass nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Fußgänger die Sommerzeit entspannter ist als jede andere Jahreszeit in Prag. Nach kurzer Zeit finden wir uns am Platz der Republik wieder. Frau Judith macht uns auf das Prager Gemeindehaus (Obecní dům) aufmerksam. Es handelt sich dabei um eines der schönsten Beispiele des Art Nouveau in der Stadt; gleich daneben liegt mit dem Pulverturm der “offizielle” Eingang zur Altstadt Prags. Nach wenigen Abzweigungen stehen wir am Altstädter Ring, dem Zentrum der Prager Altstadt. Rund um den Platz sind zahllose Kirchen, hübsche Lokale mit Gastgärten und natürlich die berühmte astronomische Uhr zu finden.
Durchs Pariser Viertel und das Jüdische Viertel geht es anschließend hinunter zur Moldau und uns wird schnell klar: Hier findet der Sommer statt, hier werden wir die nächsten Tage verbringen. Frau Judith zeigt uns noch verwinkelte Gässchen rund um den Burgberg, bevor sie sich verabschiedet. Wir haben einen tollen Überblick über die Stadt erhalten und sind uns sicher, dass wir notfalls jetzt auch alleine (und zu Fuß) zurück zum Hotel finden würden. Zur Belohnung gönnen wir uns am Lod Pivovar (www.pivolod.cz) gleich mal ein Bier. Das Schiff ist Restaurant, Bar und Brauerei zugleich und ein guter Ort, um einen Zwischenstopp einzulegen. Wir waren drei Stunden unterwegs und sind jetzt auf uns selbst gestellt. Was tun?
Spaß am Wasser
Wir entscheiden uns dafür, am Wasser zu bleiben. Am Moldau-Ufer kann man nicht nur Bootstouren buchen, sondern auch Kajak-, Rafting- und Tretbootequipment ausleihen. Stilecht wird das Gefährt der Wahl schließlich ein Tretboot (“Šlapadlo”) in Schwan-Optik (zwischen 5 und 20 Euro/Stunde, Verleihstationen gibt es entlang des ganzen Ufers). Wir tuckern gemütlich über den Fluss, lassen die nackten Füße ins Wasser baumeln und umrunden die Sofieninsel. Wir sehen Prag aus einer ungewöhnlichen Perspektive, lieben die Stadt aber mit jedem Meter, den wir zurücklegen, mehr. Dass in der “Bierstadt” niemand Durst leiden muss, dafür ist natürlich auch gesorgt. Es gibt hier eine “Float in”-Bar, in die man mit seinem Schlapp-Padlo (so spricht man das tschechische Wort für Tretboot aus – also ungefähr halt) gemütlich einfahren kann. Dosenbier wird einem direkt ins Boot, bzw. in unserem Fall: in den Schwan, gereicht. Wir haben unglaublich viel Spaß und fühlen uns fast so, als wären wir nicht schon seit mindestens 15 Jahren erwachsen. Spaß haben nicht nur wir, sondern auch viele andere Menschen; die ganze Stadt scheint es im Sommer an den Fluss zu ziehen. Es wird gegrillt, Ball gespielt, gesungen und viel gelacht. Ja, Prag, du bist uns wirklich sympathisch.
Geschichte am Berg
Als letzten Kraftakt des Tages haben wir uns die Besteigung des Prager Burgbergs vorgenommen. Tapfer und von unserem in mehrfacher Hinsicht feucht-fröhlichem Schlapp-Padlo Ausflug beschwingt, machen wir uns daran, die Prager Burg zu erklimmen. Wir tun das langsam und bleiben immer wieder stehen, um die fantastischen Ausblicke von hier oben auf die Stadt unter uns zu genießen. Als wir die Sicherheitskontrolle oben angekommen passiert haben, finden wir uns quasi im Mittelalter wieder. Wir stehen vor der St. Vitus Kathedrale, dem berühmtesten und wichtigsten Bau des Christentums in der gesamten Republik. Wir gönnen uns Tickets für die Burg (13,50 Euro für Tour A) und erkunden ausgestattet mit Audioguides den Hradzin. Wir sind beeindruckt, als wir vor dem berühmten Fenster des Prager Fenstersturzes stehen, ansonsten sind es eher die kühleren Temperaturen in den alten Gemäuern und die Ausblicke hinunter auf die Stadt, die uns faszinieren. Sicher, sehenswert ist die Prager Burg allemal, allerdigns auch nicht unser persönliches Top-Highlight, da sind wir uns alle einig (www.hrad.cz).
Den Abend lassen wir gemütlich ausklingen, wir gönnen uns ein ausgezeichnetes Abendessen im relaxten Ambiente der Home Kitchen Jankovkova, trinken am Heimweg zum Hotel noch ein Bierchen in der Altstadt und fallen dann todmüde in unsere Betten. Tag zwei wollen wir definitiv gemütlicher angehen.
Tag 2: Zoo und so
Zoos muss man mögen – das tun wir aber nicht. Und dennoch haben uns die vielen Rankings, in denen das Prager Tiergefängnis Spitzenplätze belegt, verleiten lassen. Und ja, das muss man ehrlicherweise zugeben: Das Gelände ist wunderschön angelegt, es ist auch ein besonderes Erlebnis, die Höhenunterschiede zwischen dem tiefsten und höchsten Punkt der Anlage mit der kleinen Seilbahn zu überwinden. Wir sehen allerhand Getier, von Giraffen über Geparden bis hin zu Elefanten, Echsen und Flamingos. Wir haben dabei mäßig Spaß, und selbst der scheint eher auf unserer Seite zu liegen. Es ist zu warm, die Tiere wirken etwas apathisch und auch nicht unbedingt überschwänglich erfreut, uns zu sehen. Wir haken den Zoo (www.zoopraha.cz/en) ab und begeben uns wieder unter die Menschen, nach dem gemütlichen Zoo-Schlenderer ist uns einfach nach etwas Action. Eine Tour mit dem Fahrrad soll Schwung in die Truppe bringen. Wer schon einmal in Prag war, weiß, dass dieses Unternehmen einem Himmelfahrtskommando gleicht – an und für sich. Also haben wir uns dazu entschieden, mit den Fahrrädern des Bike-Sharing Projekts Rekola (ca. 1 Euro/Stunde) auf eine Tour entlang einer stillgelegten Bahnstrecke zu gehen. Es gibt keinen wirklichen Start- und Zielpunkt, weshalb wir vom Hauptbahnhof aus starten und einfach dem Weg folgen. Gemütlich geht es an zahlreichen Cafés, Restaurants und Bars entlang. Das Konzept ist noch nicht ganz durchdacht oder gar fertig gestellt, aber uns gefällt die Idee einfach. Die Burger bei Nase Maso in der Altstadt von Prag haben wir uns damit redlich verdient.
Den Sonnenuntergang genießen wir auf dem Rooftop des Hotel U Prince. Die Terasa U Prince zählt angeblich zu den Top-15 der besten Hotelviews der Welt. Ob das nun stimmt, können wir nicht mit hundertrpozentiger Sicherheit sagen, fest steht jedenfalls, dass die Aussicht auf die Altstadt, die Astronomische Uhr und die Dächer rundum einfach atemberaubend ist. Die Cocktailliste ist umfangreich, das Angebot nicht besonders günstig, aber man gönnt sich ja sonst auch alles. Nach Einbruch der Dunkelheit schlendern wir durch die Gassen zum Outdoor Cinema Regina. Dort werden während der Sommermonate gegen ein kleines Eintrittsentgelt (ca. 2 Euro) beliebte Blockbuster im Originalton (meist Englisch) mit tschechischen Untertiteln gezeigt.
Tag 3: Im Wasser. Mittendrin statt nur dabei
Es ist heiß, unsagbar heiß. Zwar sind unsere Zimmer optimal klimatisiert, so wie die meisten Lokale und Geschäfte der Stadt, dennoch ist uns nach Abkühlung. Wir beschließen, es (dieses mal wirklich!) gemütlich anzugehen. Die freundlichen Mitarbeiter an der Hotellobby empfehlen uns einen Besuch des Divoká Šárka, einem traditionellen Bad vor wunderschöner Kulisse. Wer baden gehen will, hat in Prag die Qual der Wahl, denn mehr als 10 bekannte Outdoor-Badeanstalten laden zu einem Sprung ins kühle Nass. Das Divoká Šárka liegt in einem weitläufigen Park mit Hügeln und Felsen, das Highlight ist aber der Pool, der vom erfrischenden und sauberen Fluss gespeist wird. Wir liegen auf unserer Decke im Gras und genießen den Tag. Wir beschließen, es für dieses Mal gut sein zu lassen und uns die Museen für unseren nächsten Besuch aufzuheben. Fürs Drin-Sein ist es einfach zu schön draußen und dass wir wieder kommen, steht sowieso außer Frage. (CH/)
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