Wipptal: Geheimtipp in Tirol.
Wipptal/Tirol. Das Wipptal, etwa 20 Kilometer südlich von Innsbruck gelegen, ist die ideale Destination für Outdoorbegeisterte und Genussmenschen. Das idyllische Tal in den zentralen Ostalpen ist sich selbst treu geblieben und lockt mit ungeahnter Vielfalt.
„Schau di um!“ antwortet Christian Prager mit einer ausholenden Handbewegung auf die Frage, weshalb er seit acht Jahren regelmäßig ins Wipptal kommt. Ein bisschen Tirolerisch hat sich schon in den Dialekt des Wiener Anwalts, der in Wahrheit etwas anders heißt, eingeschlichen. Kurz lässt er den Blick über die Alm in die Ferne schweifen, lächelt. Er nimmt die Arbeit mit der Sense wieder auf, mäht die Almwiese vor ihm mit Bedacht und gekonnten Schwüngen. Gelernt hat er das in der „Schule der Alm“ von Almlehrerin Helga. Melken, Zaun bauen, Heumachen stand ebenfalls auf dem Stundenplan. „Die Arbeit hilft mir dabei, abzuschalten. So bewege ich mich, mache etwas Sinnvolles, bin in der Natur“, verrät der Mittvierziger. Und diese ist hier besonders ursprünglich und facettenreich. Nicht nur Ruhesuchende wie Prager, die die Almromantik fernab von jedem Kitsch schätzen und einen Ausgleich zum Alltag suchen, sondern auch Genießer und Aktive kommen immer öfter in die Ferienregion. Ein Geheimtipp ist das Wipptal mit seinen Seitentälern trotzdem noch, obwohl es so viel zu erleben und entdecken gibt. Im Frühling und Sommer erinnern die malerischen Dörfer mit ihren blumengeschmückten Bauernhäuser an Heimatfilme aus längst vergangenen Tagen, die Kuhglocken des grasenden Grauviehs und ein Traktor in der Ferne sind manchmal die einzige Geräuschkulisse. Im Herbst bricht die Hochsaison für die Wanderer an, die sich auf 500 Kilometern Wanderwege in jeder Schwierigkeitsstufe austoben können. Zwischen Spaziergang und Gipfelsturm findet jeder seine persönliche Lieblingsstrecke.
Eine dieser Touren ist etwa die Almenrunde in Navis. Vom Parkplatz Grün aus geht es rund 15 Kilometer durch ursprüngliche Almen- und Gebirgslandschaften im hinteren Navistal. Forstwege gilt es dabei ebenso zu erwandern wie romantische Steige durch Almrosenteppiche und über Wiesenpfade. Die Kulisse dafür bilden die Tuxer Alpen und die Stubaier Alpen. Zur Einkehr laden die Peeralm, die Klammalm, die Poltenalm, die Stücklalm und die Naviser Hütte. Wer beherzt voranschreitet, hat die Almenrunde in etwa fünf Stunden Gehzeit absolviert; die ein oder andere Einkehr sollte aber unbedingt eingeplant werden. Schließlich wäre es schon schade, würde man die Köstlichkeiten auf den Hütten verpassen.
Gaumenfreuden sind es auch, denen sich die Wipptaler Genussspechte verschrieben haben. Die Mitglieder der 2016 gegründeten Vereinigung haben sich der Regionalität und Qualität verschrieben; sie sind Landwirte, Handwerker, Gastgeber. Darunter die Familie Hörtnagl (www.hoertnagls-edelbraende.at). Ebenfalls in Navis beheimatet, betreibt die Familie nicht nur eine Pension, sondern auch eine Schnapsbrennerei. Vater Franz hatte die “Schnapsidee”bereits 2006 – und was damals als Hobby begann, ist mittlerweile zu einer vielprämierten Leidenschaft geworden. Insgesamt 18 verschiedene Schnäpse und Liköre werden in liebevoller Handarbeit hergestellt. Zum Einsatz kommt dabei die ganze Familie. Während sich Mutter Maria um die Liköre kümmert, sind die Edelbrandsommeliere Vater Franz und Tochter Victoria für die Brände zuständig. Ein Zwischenstopp bei den Hörtnagls lohnt sich auf jeden Fall. Im Rahmen einer Schnapsverkostung bringen sie den Besuchern nicht nur Wissenswertes zur Schnapserzeugung bei, sondern geben auch gern Tipps über die Aktivitäten in der Region, etwa den Naviser Weihnachtsmarkt oder den winterlichen Triathlon mit den Disziplinen Schneeschuhwandern, Rodeln und Schnapsverkosten. Ohne eines der vielfach prämierten Tröpfchen im Gepäck wird man sich wohl kaum auf den Heimweg machen wollen.
Überhaupt ist das so eine Sache mit dem Wipptal. Man verlässt es nur ungern und mit schwerem Herzen, denn die Menschen sind freundlich und authentisch. Touristen sind gern gesehen, kommen aber in angenehmen Zahlen. Das Tal punktet mit bemerkenswerter Unaufgeregtheit und ist ein Ort, an dem man in Ruhe zu sich selbst finden kann, ohne dass es jemals langweilig wird. Dafür sorgen die vielen sportlichen und kulinarischen Angebote.
Für Melanie aus München und ihre fünfjährige Tochter ist das etwa die Ski- und Freizeit-Arena Bergeralm in Steinach am Brenner eines der Highlights. „Wir fahren bis zur Mittelstation zur Wasserwelt Bärenbachl. Da kann sich die Kleine austoben“, erzählt die junge Frau. Ihre Tochter freut sich sichtlich auf den Erlebniswanderweg mit den zahlreichen Spielstationen. Auch die beiden sind nicht zum ersten Mal in diesem Teil Tirols. Rast wird traditionellerweise im Panorama-Restaurant Bergeralm gemacht. Von der Sonnenterrasse hat man einen herrlichen Rundumblick auf die umliegende Bergwelt mit ihren 3000ern. Doch nicht nur Melanie und ihre Tochter finden sich hier zur Stärkung ein, sondern auch Freerider und Downhiller. Sie können sich im Bikepark Tirol, der neben Freeride Strecken, Singletrails und Warm-up Zone auch tälerübergreifende Touren umfasst, nach Herzenslust austoben. Das passende Equipment, von Downhill- über Mountain- bis hin zu E-Bikes, kann ganz bequem bei Jürgen Gstraunthalers „Wipprad“ (www.wipprad.at) auf der Bergeralm ausgeliehen werden.
Übernachtungstipp:
Das Gasthaus Eppensteiner in Navis bietet sich hervorragend für die Erkundungen im Naviser Tal an und liegt nicht weit entfernt vom Ausgangspunkt für viele Wanderungen in der Umgebung. Die Zimmer sind sehr sauber und gemütlich und bieten Ausblicke auf die Berge. Im Gasthof wird hervorragendes Frühstück und Abendessen serviert. Doppelzimmer gibt’s ab ca. 100 Euro/Nacht. www.gasthof-eppensteiner.at