Interview mit Reisejournalist Dieter Putz
Diese Woche stand uns Dieter Putz Rede und Antwort. Der Reisejournalist kann auf viele Jahre Erfahrung in der Branche zurückblicken, auch wenn er lieber nach vorne schaut. Uns verrät er, womit man ihn im Urlaub auf die Palme bringt und startet das Interview der Woche gleich mal damit, unsere Fragen in Frage zu stellen. Ein echter Journalist eben.
Pauschalreise oder Individualurlaub?
Die Antwort auf diese Frage ist so eindeutig wie auch eintönig und als Einstieg in ein Interview nicht optimal für mich, denn wahrscheinlich denken sich die Leser „schon wieder einer der privat Individualurlaub macht“ und hören genau hier auf zu lesen. Dennoch: Der Reiz, ein Land, eine Region und die Menschen dort auf eigene Faust zu erleben – sei es mit dem Mietwagen, dem Bus, dem Fahrrad, zu Fuß, auf Märkten, am Fußballplatz oder am Wirtshaustisch – macht für mich den Reiz des Reisens aus.
Wohin ging der letzte Urlaub und was war das Beste daran?
Meine letzte Urlaubsreise ging nach Mattsee im Salzburger Seenland. Neben der typisch österreichischen Postkarten-Landschaft, der Wasserqualität und den nicht zu hohen Bergen, war es vor allem der Umgang der Menschen miteinander, der mich begeisterte. Ständig hörte ich ein herzliches „Griaß di“, das eindeutig an mich gerichtet war und mich geradezu nötigte, ebenso freundlich zu antworten. Dass ich diese Freundlichkeit so hervorstechend erlebt habe und erwähnenswert finde, ist irgendwie ein Armutszeichen für unsere Gesellschaft, denn der Respekt vor dem anderen darf niemals dem eigenen Geltungsdrang unterliegen.
Was war die letzte Reise?
Da möchte ich vorausschicken, dass ich schon ein besonderes Privileg genieße, den Beruf Reisejournalist ausüben zu dürfen. Und natürlich gibt es in meinem Umfeld den einen oder anderen, der mir das mit Worten wie „so wie du arbeitest, möchte ich Urlaub machen“, auch vor Augen führen möchte. Aber wie schon erwähnt: Reisejournalist ist ein Beruf und der bringt auch Arbeit mit sich. Meistens sind Pressereisen Gruppenreisen, also kann ich mir nicht aussuchen, mit wem ich dann unterwegs bin, und das kann schon zu – sagen wir – interessanten Begegnungen führen. Auch sind die Reisen von morgens bis spät abends ausgefüllt mit Programm, weil die Veranstalter so viel wie möglich in die kurze Reisezeit packen wollen. Das heißt, ich muss auch vom ersten bis zum letzten Programmpunkt mitmachen und mein Unternehmen repräsentieren – auch bei der 27. Hotelbesichtigung am ersten Vormittag nach einem Langstreckenflug.
Bei meiner letzten Reise nach Sri Lanka und auf die Malediven hatte ich Glück – mit meinen Reisebegleitern und dass auf den Inseln der Malediven immer nur ein Hotel steht.
Wohin geht es als nächstes?
Sie bringen mich in Verlegenheit: Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Nicht, weil so viele Reisen auf meiner Agenda stehen, sondern das Gegenteil. Da die beruflichen Reisen oft kurzfristig vergeben werden, mache ich mir aber noch keine Sorgen, den Herbst ausschließlich in der Redaktion verbringen zu müssen. In weiterer Ferne liegen ein Reisebüro-Kongress im Baltikum und eine private Reise nach London.
Eher Abenteuer oder Luxus?
Sicher mehr Abenteuer. Aber wahrscheinlich hätte ich meine heutigen Abenteuer vor 20 Jahren als Luxus bezeichnet… Begegnungen mit anderen Kulturen sind für mich an sich schon Abenteuer.
Was ist für Sie der schönste Ort der Welt – und warum?
Ich glaube, das ist für mich keine Frage des „wo“, sondern eine des „mit wem“. Mit dem richtigen Menschen ist man immer am schönsten Ort der Welt. Das kann zu zweit im Urwald, allein am Fahrrad in Mattsee oder mit Freunden am Fußballplatz sein.
Womit bringt man Sie im Urlaub bzw. auf Reisen auf die Palme?
Die Frage ist leicht und kurz zu beantworten: Respektlosigkeit und Undankbarkeit
Was steht ganz oben auf der Bucket-List?
Da jede Reise für mich spannend ist, steht immer die nächste Destination ganz oben. Aber eine Reise am Amazonas und Eislaufen am Weißensee fallen mir spontan als Wunschziele ein.
Was muss man sich unbedingt ansehen, wenn man in Ihre Heimatstadt kommt?
Geboren und aufgewachsen bin ich in der niederösterreichischen Kleinstadt Scheibbs. Dort sollte man die hügelige Landschaft genießen und sich die lange und eigenwillige Geschichte der Stadt zu Gemüte führen. Die erklärt ein bisschen warum wir so ticken, wie wir ticken. Für meine zweite Heimat Wien empfehle ich Besuchern einfach rausgehen und eintauchen. Da meine ich nicht Sightseeing im klassischen Sinn, sondern in Vorstadtlokale gehen, sich auf eine Parkbank setzen und den Leuten zuhören, mit der Bim fahren, das Wienerische erkunden.
Wo haben Sie bisher am besten gegessen (und was?)
Ich bin so gar nicht der kulinarische Typ. Essen ist für mich eine erforderliche Tätigkeit um zu überleben. Das hat wohl mit meiner Kindheit zu tun: Ich bin in einem Drei-Generationen-Haushalt aufgewachsen. Das Mittagessen habe ich immer in Omas Küche eingenommen, in der Opa unter der Arbeiter Zeitung auf der Bank seinen Mittagsschlaf abgehalten hat. So ergab sich, dass das „was gibt es heute“, nicht wichtig war, sondern das „wie leise und wie schnell kann ich essen“. Wenn ich Opa geweckt habe, war mein Nachmittag mit Gartenarbeit verplant, wenn nicht, hatte ich frei. Das ist mir wohl geblieben, denn ich merke mir nicht so gut, was ich wo gegessen habe, sondern mehr das davor oder danach. Darum an dieser Stelle die letzte Mahlzeit für die ich Geld ausgegeben habe: eine wirklich feine Bosna an Toddy’s Standl direkt am Mattsee; übrigens ein sicherer Tipp für schräge Begegnungen.
Was ist auf jeder Reise fix mit dabei?
Natürlich meine Arbeitsgeräte – sprich Kamera, Block und Stift -, die Sonnenbrille, ein Nagelzwicker und Literatur zur Destination. Ich muss gestehen, Letzteres war im Salzburger Seenland nicht mit dabei, aber die beste Quelle dort sind ohnehin die Einheimischen.
Wenn Sie für den Rest des Lebens an einem Ort bleiben müssten – wo wäre das?
In Freiheit – im Sinne von in geistiger, politischer, journalistischer Freiheit. Und im Idealfall ist dort auch ein regelmäßig bespielter Fußballplatz.
Was wollten Sie ursprünglich werden?
Mein Großvater hat mir auf Grund meines kindlichen Drangs, alle Informationen auf die Entfernung – also laut – zu transportieren, empfohlen Pfarrer zu werden, da könnte ich den ganzen Tag von der Kanzel rufen, bekomme gutes Geld dafür und hätte auch ausreichend Groupies. Das hab ich aber nur kurz ins Auge gefasst. Dann waren es die üblichen Wünsche: Tierarzt oder Fernfahrer.
Was haben Sie auf Ihren Reisen gelernt?
Auf einer überaus beeindruckenden und auch durch die Kollegen unvergesslichen Reise durch das nordindische Ladakh hat der Reiseleiter am Ende der Tour die Teilnehmer auf typisch indische Art und Weise blumig charakterisiert. Einen Mitreisenden, dessen offene, unaufdringliche, immer von Respekt dem Gegenüber geprägten Art hat er als „Freund der Menschen“ bezeichnet. Das will ich auch sein.
Haben Sie journalistische Vorbilder?
Nicht direkt. Aber es hat mich beeindruckt, wie mein Großvater – Jahrgang 1903, dadurch mit nur sehr geringer Schulausbildung ausgestattet – im Alter seine Erinnerungen in Erzähl- und Gedichtform aufgeschrieben hat; mit wenig handwerklichem Rüstzeug, aber mit Hingabe. So ähnlich betreibe ich meinen Beruf jetzt auch. Und dann bewundere ich Journalisten, die aus schlechten Texten gute machen können – in atemberaubender Geschwindigkeit. Ich hatte das Glück, neun Jahre von meiner ehemaligen Kollegin Christiane Reitshammer ein wenig davon lernen zu dürfen.
Mit wem würden Sie gern mal verreisen? Und wohin?
Da bin ich nicht so wählerisch: Entweder mit Lionel Messi oder Jürgen Klopp zum Champions League Finale.
Dieter Putz ist seit knapp 20 Jahren mit Herz und Blut für den Profi Reisen Verlag im Einsatz, als Redakteur und als Managing Editor. Was ins Heft kommt, war normalerweise zumindest einmal bei ihm am Schreibtisch.